RICHARD BOORBERG VERLAG

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02.10.2024

Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen vom 15. März 2024

Geändert wurden § 6a TV-H (Freizeit statt Geld), § 17 TV-H (Allgemeine Regelungen zu den Stufen), § 20 TV-H (Jahressonderzahlung), § 29 TV-H (Arbeitsbefreiung) und § 29b TV-H (Elterntage) sowie die Durchführungshinweise

Die Einigung der Tarifvertragsparteien in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen vom 15. März 2024 ist mit Rundschreiben vom 18. März 2024 – I 44-P-2515A-04-22/012 – bekanntgegeben worden.

In dieser Tarifeinigung haben sich die Tarifvertragsparteien u.a. auf die weitere Stärkung und den Ausbau der Familienfreundlichkeit des Landes Hessen als Arbeitgeber verständigt. Die Einigung ist in Änderungstarifverträge umzusetzen, die sich derzeit im Abstimmungsverfahren befinden. Nach Abschluss des Unterschriftsverfahrens werden die Änderungstarifverträge im Staatsanzeiger veröffentlicht.

I. Änderungen des TV-H zum 1. Januar 2024

1. Freizeit statt Geld, § 6a TV-H

Die Regelung „Freizeit statt Geld“, wonach Beschäftigte gegen eine Verringerung ihrer Jahressonderzahlung zwei zusätzliche freie Arbeitstage erhalten können, wird für die Jahre 2025 und 2026 verlängert. Die Anträge hierfür können spätestens bis zum 30. September des jeweiligen Vorjahres gestellt werden.

Hierbei ist zu beachten, dass sich zum 1. Januar 2025 mit der Erhöhung der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-H (hierzu sogleich) auch die verminderten Vomhundertsätze der Jahressonderzahlung im Rahmen der Freizeit statt Geld nach § 6a Absatz 1 Satz 2 TV-H erhöhen.

2. Jahressonderzahlung, § 20 TV-H

Mit einer neuen Protokollerklärung zu § 20 Absatz 2 TV-H wird sichergestellt, dass sich eine Höhergruppierung stets finanziell lohnt. Dies war zuvor aufgrund der höheren Jahressonderzahlung für Beschäftigte bis zur Entgeltgruppe 8 nicht immer gewährleistet. Die neue Protokollerklärung lautet wie folgt:

Protokollerklärung zu § 20 Absatz 2:

Bei Beschäftigten, die bis zum 1. September des laufenden Kalenderjahres aus der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 9a oder die Entgeltgruppe 9b Stufe 2 oder 3 höhergruppiert werden, erhöht sich der Bemessungssatz um 2 v.H. für jeden vollen Kalendermonat der Eingruppierung in der Entgeltgruppe 8.

Hierzu wird unter Nr. 12 der Niederschriftserklärungen zum TV-H ein Beispiel aufgenommen:

„Werden Beschäftigte in der Entgeltgruppe 8 zum 15. April eines Jahres in die Entgeltgruppe 9a höhergruppiert, erhöht sich der Bemessungssatz der Jahressonderzahlung in diesem Jahr von 54,97 v.H. um 3 x 2 v.H. auf 60,97 v.H.“

 

II. Änderungen des TV-H zum 1. August 2024

1. Verbesserung im Bereich der Stufenlaufzeit in besonderen Lebenssituationen, § 17 Absatz 3 Satz 1 Buchstabe k TV-H

In § 17 Absatz 3 Satz 1 TV-H wird die abschließende Aufzählung um die Anfügung des Buchstabens k „Zeiten eines Freistellungsanspruchs nach § 44b SGB V“ ergänzt. § 44b SGB V ist mit Wirksamkeitsdatum 1. November 2022 neu eingeführt worden und regelt den Krankengeldbezug für eine bei stationärer Behandlung mitaufgenommene Begleitperson aus dem engsten persönlichen Umfeld. Bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 44b SGB V und entsprechender Vorlage einer Bescheinigung steht diese Zeit daher ab dem 1. August 2024 einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 Absatz 3 Satz 1 TV-H gleich.

2. Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten bei dem Arbeitsbefreiungstatbestand „Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin“, § 29 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a TV-H

Der Arbeitsbefreiungstatbestand nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a TV-H „Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes“ wird durch die Aufnahme der nachfolgenden Protokollerklärung um künftige Adoptiveltern erweitert:

Protokollerklärung zu § 29 Absatz 1 Buchstabe a:

1Entsprechendes gilt für Beschäftigte, die gemeinschaftlich mit ihrem/seinem Ehepartner oder ihrer/seiner Ehepartnerin ein Kind adoptieren wollen, mit Beginn der Adoptionspflegezeit im Sinne des § 1744 BGB, wenn zu diesem Zeitpunkt das Kind noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet hat. 2Bei Beschäftigten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsteht der Arbeitsbefreiungstatbestand, wenn ein Kind mit dem Ziel einer Adoption und einer Sukzessivadoption erstmals in den gemeinsamen Haushalt zur Adoptionspflege im Sinne des § 1744 BGB aufgenommen wird und das Kind zu diesem Zeitpunkt noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet hat.

Die Elterntage kommen fortan auch künftigen Adoptiveltern zugute, da sich diese bei Beginn der Adoptionspflegezeit in einer vergleichbaren Interessenlage befinden wie Eltern bei der Niederkunft: In beiden Fällen wird das Kind erstmalig in die Familie aufgenommen. Für eingetragene Lebenspartnerschaften ist hierbei eine Sonderregelung nötig, um sie Eheleuten gleichzustellen. Denn aus § 1741 Absatz 2 Satz 1 BGB ergibt sich, dass ausschließlich Eheleute ein Kind gemeinschaftlich adoptieren können. Beschäftigte in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dagegen können ein Kind nicht gemeinschaftlich annehmen. In diesen Fällen ist zunächst eine Adoption und eine sich anschließende Sukzessivadoption notwendig.

Der Freistellungsanspruch nach § 29a Absatz 1 Buchstabe a TV-H entsteht mit der Niederkunft bzw. mit dem Beginn der Adoptionspflegezeit nach § 1744 BGB.

Die Niederkunft ist durch die Geburtsurkunde nachzuweisen. Der Beginn der Adoptionspflegezeit ist durch einen Bescheid der Adoptionsvermittlungsstelle (ggf. auch des Jugendamts) zu belegen.

3. Elterntage, § 29b TV-H

3.1 Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten

Der Kreis der Anspruchsberechtigten für Elterntage nach § 29b TV-H wird mit der nachfolgenden Protokollerklärung um künftige Adoptiveltern erweitert:

Protokollerklärung zu § 29b Absatz 1:

1Entsprechendes gilt für Beschäftigte, die gemeinschaftlich mit ihrem/seinem Ehepartner oder ihrer/seiner Ehepartnerin ein Kind adoptieren wollen, mit Beginn der Adoptionspflegezeit im Sinne des § 1744 BGB, wenn zu diesem Zeitpunkt das Kind noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet hat. 2Bei Beschäftigten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsteht der Freistellungsanspruch, wenn ein Kind mit dem Ziel einer Adoption und einer Sukzessivadoption erstmals in den gemeinsamen Haushalt zur Adoptionspflege im Sinne des § 1744 BGB aufgenommen wird und das Kind zu diesem Zeitpunkt noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet hat. 3Sind beide Annehmende beim Land Hessen beschäftigt, kann der Anspruch ausschließlich von einer/einem Beschäftigten geltend gemacht werden und ist für die Dauer des Freistellungszeitraumes bindend.

Die ergänzenden Ausführungen zur Tz. 2 gelten entsprechend.

3.2 Berechnung und Festlegung des Freistellungszeitraums, Entgegenstehen dringender betrieblicher/dienstlicher Belange

Maßgeblich für die Berechnung des Freistellungszeitraums ist grundsätzlich die am Tag der Niederkunft bzw. am Tag des Beginns der Adoptionspflegezeit arbeitsvertraglich individuell vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit.

Der Tag der Niederkunft bzw. der Tag des Beginns der Adoptionspflegezeit wird bei der Berechnung des Achtwochenzeitraums nicht mitgerechnet (§ 187 Absatz 1 BGB).

Der Freistellungsanspruch kann innerhalb des Achtwochenzeitraums nach der Niederkunft bzw. nach dem Beginn der Adoptionspflegezeit – ausgehend von einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden verteilt auf fünf Tage – z.B. jeweils einen Tag in der Woche umfassen. Denkbar ist aber auch eine Verblockung des Freistellungszeitraums, der etwa zum Beginn oder zum Ende des Achtwochenzeitraums genommen werden kann. Der Freistellungsanspruch kann auch durch die Reduzierung der täglichen Arbeitszeit erfüllt werden.

Bei der zeitlichen Festlegung des Freistellungsanspruchs sind die Wünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche/dienstliche Belange entgegenstehen.

3.3 Änderungen der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit während des Achtwochenzeitraums

Verändert sich die arbeitsvertraglich individuell vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit während des Achtwochenzeitraums, ist der auf den verbleibenden Achtwochenzeitraum entfallende Freistellungsanspruch auf Grundlage der arbeitsvertraglich neuvereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit neu zu berechnen. Der Freistellungsanspruch ändert sich hierbei mit dem Beginn der neuen Woche nach der Niederkunft. Die Woche beginnt dabei jeweils mit dem Wochentag, der auf die Niederkunft bzw. den Beginn der Adoptionspflegezeit folgt, denn die Berechnung des Zeitraums erfolgt nach §§ 187 Absatz 1, 188 BGB.

Beispiel:

Die Niederkunft erfolgt am 1. Januar 2024. Die arbeitsvertraglich individuell vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit beträgt am Tag der Niederkunft 40 Stunden. Hiervon ausgehend errechnet sich ein Freistellungsanspruch von 64 Stunden (Berechnung: 40 Wochenarbeitsstunden x 20 v.H. x 8 Wochen = 64 Stunden), der innerhalb des Achtwochenzeitraums – und somit bis zum Ablauf des 26. Februar 2024 – besteht.

Fortsetzung des Beispiels:

Die arbeitsvertraglich individuell vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit wird zum 5. Januar 2024 auf 32 Stunden herabgesetzt.

Für den ersten Wochenzeitraum nach der Niederkunft (2. Januar 2024 bis 8. Januar 2024) ergibt sich entsprechend der am Tag der Niederkunft am 1. Januar 2024 individuell vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit ein Freistellungsanspruch von 8 Stunden (Berechnung: 40 Wochenarbeitsstunden x 20 v.H. x 1 Woche = 8 Stunden).

Für den verbleibenden Achtwochenzeitraum (9. Januar 2024 bis 26. Februar 2024) ergibt sich auf der Grundlage der individuell vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden ein Freistellungsanspruch von wöchentlich 6 Stunden und 24 Minuten bzw., auf sieben Wochen gerechnet, von 44 Stunden und 48 Minuten (Berechnung: 32 Wochenarbeitsstunden x 20 v.H. x 7 Wochen = 44 Stunden und 48 Minuten).

Daraus folgt ein neu berechneter Freistellungsanspruch von insgesamt 52 Stunden und 48 Minuten.

3.4 Anspruchskonkurrenz

Die Protokollerklärung zu § 29b TV-H regelt die Anspruchskonkurrenz. Sind demnach beide künftigen Adoptiveltern beim Land Hessen tätig, kann die Freistellung ausschließlich von einer oder einem Beschäftigten geltend gemacht werden.

4. Mein Rundschreiben vom 29. Juli 2022

In meinem Rundschreiben vom 29. Juli 2022 - I44-P2515A-03-21/007 wird Abschnitt II. Tz. 3 aufgehoben.

 

III. Änderungen des TV-H zum 1. Januar 2025

1. Erhöhung der Jaressonderzahlung

Zum 1. Januar 2025 werden die Bemessungssätze für die Jahressonderzahlung (§ 20 Absatz 2 TV-H) erhöht: In den Entgeltgruppen 1 bis 8 wird der Bemessungssatz sodann 90 v.H. betragen, in den Entgeltgruppen 9a bis 16 wird er auf 60 v.H. angehoben.

Dies erfordert eine Anpassung der (neuen) Protokollerklärung zu § 20 Absatz 2 TV-H (vgl. I.2) Für Beschäftigte, die aus der Entgeltgruppe 8 höhergruppiert werden, erhöht sich der Bemessungssatz der Jahressonderzahlung nunmehr um 2,2 v.H. für jeden Monat der Eingruppierung in der Entgeltgruppe 8. Das dazugehörige Beispiel in den Niederschriftserklärungen zum TV-H wird entsprechend angepasst werden:

„Werden Beschäftigte in der Entgeltgruppe 8 zum 15. April eines Jahres in die Entgeltgruppe 9a höhergruppiert, erhöht sich der Bemessungssatz der Jahressonderzahlung in diesem Jahr von 60 v.H. um 3 x 2,2 v.H. auf 66,6 v.H.“

Quelle:
Rundschreiben des HMdIuS vom 29. Juli 2022 – I 44-P-2515A-03-21/007