RICHARD BOORBERG VERLAG

×

01.12.2023

Gesetz zur Be­schleunigung von Disziplinar­verfahren angenommen

Schnellere „Entfernung von Extremisten“ wird nun möglich

Der Bundestag hat am Freitag, den 17. November 2023, den Weg für eine schnellere „Entfernung von Extremisten“ aus dem öffentlichen Dienst freigemacht. Dem hierzu von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (20/6435) stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zu. Union und AfD votierten dagegen, Die Linke enthielt sich bei der Abstimmung. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen im Innenausschuss wurden noch einige Änderungen an der Ursprungsversion beschlossen

Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion zum Thema wurde mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen zurückgewiesen. Die Abgeordneten wandten sich darin gegen die beschlossene Neuregelung und plädierten stattdessen dafür, die „bestehende rechtssichere Systematik des Disziplinarrechts zu erhalten“.  

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Durch eine rasche und effektive Ahndung von Dienstvergehen soll das Ansehen des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in die Integrität der Verwaltung gestärkt werden, hieß es im Gesetzentwurf der Bundesregierung.

Wie die Bundesregierung darlegt, können bis zum rechtskräftigen Abschluss eines auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Disziplinarverfahrens in der Praxis derzeit mehrere Jahre vergehen. Im geltenden Disziplinarklagesystem dauerten Verfahren im Durchschnitt knapp vier Jahre. Dies sei vor allem bei Personen, die die Bundesrepublik und ihre freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnen, nicht hinzunehmen, auch weil die Betroffenen während des gesamten Disziplinarverfahrens weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Bezüge erhalten.

Umfassende Befugnisse der Disziplinarbehörden

Durch die Änderung des Bundesdisziplinargesetzes soll das „langwierige Verfahren der Disziplinarklage durch umfassende Disziplinarbefugnisse der Disziplinarbehörden“ abgelöst werden, schrieb die Regierung. „Statt Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben zu müssen, sollen die Disziplinarbehörden künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen einschließlich der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts durch Disziplinarverfügung aussprechen“, hieß es weiter.

Durch die Vorverlagerung des Ausspruchs auch dieser Disziplinarmaßnahmen auf die behördliche Ebene sei ein schnellerer Abschluss des Verfahrens möglich, betont die Regierung. Effektiver Rechtsschutz werde durch die Möglichkeit sichergestellt, dass die Verwaltungsgerichte die Disziplinarverfügung im Nachhinein voll kontrollieren können.

„Finanzielle Fehlanreize korrigieren“

Zudem zielt der Gesetzentwurf darauf ab, „finanzielle Fehlanreize des geltenden Disziplinarklagesystems“ zu korrigieren. Bisher verbleiben Beamten die bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entfernungsentscheidung gezahlten Bezüge, wie die Bundesregierung ausführt. Für Beamte könne es daher von Interesse sein, den Abschluss des gerichtlichen Disziplinarverfahrens hinauszuzögern, um möglichst lange weiterhin Bezüge zu erhalten.

Um diesen Fehlanreizen auch im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung zu begegnen, sollen Beamte, die wegen eines Verstoßes gegen ihre Verfassungstreuepflicht aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurden, laut Vorlage die bis zur Bestandskraft fortgezahlten Bezüge zurückerstatten müssen.

Antrag der CDU/CSU

Die Unionsfraktion schrieb in ihrem abgelehnten Antrag, der Gesetzentwurf der Bundesregierung werde von den Beamtengewerkschaften als nicht geeignet kritisiert und als Ausdruck des Misstrauens wahrgenommen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung führe zu einer „Änderung dahingehend, dass mit einer Abschaffung der Disziplinarklage Bundesbeamtinnen und -beamte zunächst der Entscheidung der Dienstbehörde ausgesetzt wären und sich nur durch eine Klage gegen ihre Behörde im Dienstverhältnis halten können“.

Das richtige Ziel, Extremisten möglichst schnell und rechtssicher aus dem Staatsdienst zu entfernen, heilige jedoch nicht jedes Mittel, so die Fraktion. Nach dem Regierungsmodell läge im Bund die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht bei einer spezialisierten Dienststelle. Darüber hinaus fehlten dem Gesetzentwurf staatliche Mechanismen für Rehabilitationsmaßnahmen im Falle einer falschen Beschuldigung.

„Bestehende Systematik des Disziplinarrechts erhalten“

Zugleich forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, „von der Einführung einer systemwidrigen Disziplinarverfügung abzusehen und stattdessen die bestehende rechtssichere Systematik des Disziplinarrechts zu erhalten“. Auch sollte die Bundesregierung das behördliche Disziplinarverfahren nach dem Willen der Unionsfraktion durch die systematische Reduktion von Verfahrensfehlern beschleunigen sowie die personelle Ausstattung der Disziplinarkammern bei den Verwaltungsgerichten verbessern.

Ferner plädierte die Unionsfraktion unter anderem dafür, unter Mitwirkung der Bundesbehörden und ihrer Beschäftigten einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, der die Sensibilisierung für Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher oder extremistischer Äußerungen und Verhaltensweisen bereits bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst verbessert.

Quelle:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/ kw19-de-disziplinarverfahren-945458#: