RICHARD BOORBERG VERLAG

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10.05.2021

Einkommensteuer

Verzicht auf Pflichtteilsanspruch

   

Rechtfertigt der Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch, dass im Gegenzug vereinbarte Versorgungsleistungen als zurückbehaltene Vermögenserträge abgezogen werden können?

Ehemann M und seine erste Ehefrau F hatten sich im Jahr 1985 gegenseitig als Erben eingesetzt und ihre drei gemeinsamen Kinder A, B und C als Schlusserben bestimmt. Nach dem Tod der F heiratete M erneut. Im Jahr 2004 verpflichteten er und seine Erben für den Fall seines Vorversterbens sich gegenüber seiner zweiten Ehefrau Z zur Zahlung eines monatlichen Betrags in Höhe von 3.500 EUR. Im Gegenzug verzichtete Z auf die ihr nach M zustehenden Pflichtteilsansprüche. Im Jahr 2012 verstarb M. A, B und C erbten ein Waldgrundstück sowie zwei Mietwohngrundstücke. Aus den hieraus erwirtschafteten Erträgen leisteten die Kinder im Jahr 2012 in Erfüllung der von ihrem Vater M eingegangenen Verpflichtung Zahlungen an Z in der vereinbarten Höhe, die sie in ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 als Sonderausgaben geltend machten. Das Finanzamt erkannte diese jedoch nicht an: Die Zahlungen aufgrund des im Jahr 2012 eingetretenen Erbfalls beruhten auf einer nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragung, die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug seien somit nicht erfüllt. Verzichte ein Pflichtteilsberechtigter lediglich auf seinen Pflichtteilsanspruch, könnten die im Gegenzug vereinbarten Versorgungsleistungen keine zurückbehaltenen Vermögenserträge sein, die den Abzug als Sonderausgaben rechtfertigten. A, B und C waren dagegen der Ansicht, es sei nicht auf den Zeitpunkt der Vermögensübertragung, sondern auf den der Vereinbarung abzustellen. Die Vereinbarungen des M sowohl mit seiner ersten als auch mit seiner zweiten Ehefrau seien vor dem 1.1.2008 geschlossen worden und unterlägen der insoweit noch günstigeren alten Rechtslage. Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Klaus Krohn
Quelle:
BFH, Urteil vom 9.9.2020, Az. X R 3/18