RICHARD BOORBERG VERLAG

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30.09.2019

Einkommensteuer

Verpächterwahlrecht bei Beendigung einer unechten Betriebsaufspaltung

EStG § 16

1. Die Grundsätze über das Verpächterwahlrecht gelten nicht nur bei Beendigung einer „echten Betriebsaufspaltung“, sondern auch dann, wenn eine „unechte Betriebsaufspaltung“ beendet wird (Anschluss an BFH-Urteil vom 17.4.2002, X R 8/00, BStBl II 2002 S. 527, BFHE 199 S. 124).                                                                                         

2. Für die Einbringung des ganzen Mitunternehmeranteils nach § 24 Abs. 1 UmwStG reicht es aus, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen der Ausgangsgesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen der Zielgesellschaft überführt werden; eine Übertragung in das Gesamthandsvermögen ist nicht erforderlich.

Sachverhalt

Die Kläger waren Bruchteilseigentümer eines Grundstücks und ehemalige Gesellschafter der P-GbR. Das Grundstück wurde durch die P-GbR an die P-GmbH vermietet, an der J zu 48,8 % und U zu 51,2 % beteiligt waren. Zum 30.1.2008 übertrug J seinen Anteil an der P-GmbH unentgeltlich auf U.

Mit Vertrag vom 9.12.2008 errichteten J und U die V-GmbH und mit Vertrag vom 29.12.2008 mit Wirkung zum 1.12.2008 die P-GmbH & Co. KG (P-KG), deren Komplementärin die V-GmbH war. Kommanditisten der P-KG waren je hälftig J und U. Sie brachten ihre Anteile an der P-GbR und ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück als Einlagen zu Buchwerten in die P-KG ein. Für die P-GbR wurde für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.2008 bis 30.11.2008 eine Schlussbilanz erstellt, in deren Sonderbilanzen das Betriebsgrundstück je hälftig bei J und U ausgewiesen war. Die P-KG ermittelte ihren Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.12.2008 bis 31.12.2008, wobei sie das Grundstück zum gleichen Wert aktivierte, wie es zuvor in den Sonderbilanzen von J und U bei der P-GbR erfasst worden war.

Das Finanzamt war nach einer Außenprüfung bei der P-GbR der Meinung, die Betriebsaufspaltung zwischen der P-GbR und der P-GmbH habe zum 30.1.2008 wegen Wegfalls der personellen Verflechtung geendet. Dadurch sei es zu einer Betriebsaufgabe für die P-GbR gekommen, die zu einem Aufgabegewinn in Höhe der stillen Reserven in den Anteilen an der P-GmbH von 50.000 EUR und der stillen Reserven des Grundstücks von 57.626 EUR geführt habe. Das Finanzamt stellte daher einen Veräußerungsgewinn von 107.626 EUR als Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied demgegenüber, dass das Ende der Betriebsaufspaltung nicht zu einer Betriebsaufgabe geführt hat, weil die P-GbR ihren Gewerbebetrieb nach den Grundsätzen der Betriebsverpachtung fortgeführt hat. Dementsprechend ist der P-GbR kein Aufgabegewinn entstanden, sie hat bis zu ihrem Untergang durch die Anteilsvereinigung gewerbliche Einkünfte erzielt.

Zwar führt der Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung grundsätzlich zu einer Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 Abs. 3 EStG. Eine Ausnahme hiervon ist jedoch dann geboten, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vorgelegen haben.

Einer Betriebsverpachtung steht nicht entgegen, dass die zuvor bestehende Betriebsaufspaltung eine sog. „unechte“ Betriebsaufspaltung war. Während bei einer „echten“ Betriebsaufspaltung ein ursprünglich einheitlicher Betrieb des Steuerpflichtigen in ein operativ tätiges Betriebsunternehmen und ein Besitzunternehmen, das dem Betriebsunternehmen wesentliche Teile des Anlagevermögens zur Nutzung überlässt, aufgespalten wird, sind im Fall der „unechten“ Betriebsaufspaltung Besitz- und Betriebsunternehmen nicht aus einem einheitlichen Betrieb hervorgegangen. Denn beide Arten der Betriebsaufspaltung werden steuerrechtlich gleichbehandelt. Die Betriebsverpachtung scheidet nicht deshalb nach einer unechten Betriebsaufspaltung aus, weil das Besitzunternehmen keinen Betrieb unterhalten habe, den es verpachten könnte. Denn die Betriebsaufspaltung hat zur Folge, dass die Tätigkeit des Besitzunternehmens als eigenständige gewerbliche Tätigkeit beurteilt wird. Entscheidet sich das ehemalige Besitzunternehmen zur Betriebsverpachtung, so führt es die bisherige gewerbliche Tätigkeit im Ergebnis fort. Für die Annahme einer Betriebsverpachtung genügt dies.

Praxishinweis

Zwar ist die Entscheidung zur alten Rechtslage vor dem StVereinfG 2011 ergangen, weshalb die gesetzliche Regelung zur Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011 S. 2131) noch keine Anwendung fand. Gleichwohl sind die Aussagen vom Übergang der unechten Betriebsaufspaltung zur Betriebsverpachtung auch für die aktuelle Rechtslage von erheblicher Bedeutung, um die Aufdeckung stiller Reserven vermeiden zu können.

Dr. Christian Stahl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am BFH
Quelle:
BFH, Urteil vom 17.4.2019, IV R 12/16, BFH/NV 2019 S. 679