RICHARD BOORBERG VERLAG

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03.05.2021

Einkommensteuer

Teilweise Unentgeltlichkeit

  

Kommt es für die Aufteilung der Nutzungsüberlassung einer Wohnung in entgeltliche und unentgeltliche Teile allein auf das Verhältnis der ortsüblichen zur vertraglich vereinbarten Miete an?

Der Steuerpflichtige S ist Eigentümer eines Einfamilienhauses, in dem er zunächst zusammen mit seiner Lebensgefährtin L wohnte. Nach der Trennung zog S aus und vermietete die Immobilie an L. Das Mietverhältnis begann zum 1.1.2016. Die Vertragsparteien vereinbarten eine Kaltmiete von 905 EUR, von der ein „Nachlass Alleinnutzung“ von 330 EUR abzuziehen war. Die Betriebskosten, die Kosten für Strom, Heizung, Müllentsorgung, Straßenreinigung, Grundstückspflege, Wasserver- und -entsorgung mit Niederschlagswasser sowie die Wartungskosten für technische Einrichtungen sollte L tragen. Die Ver- und Entsorgungsverträge für Strom, Wasser, Gas und Müll sollte L direkt mit den Leistungserbringern abschließen. Auf die übrigen Kosten, über die jährlich abzurechnen war, sollte L eine Betriebskostenvorauszahlung von 45 EUR monatlich leisten. Eine Differenz zu den geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen war innerhalb eines Monats nach Zugang der Abrechnung bei L auszugleichen.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2016 machte S für das Mietobjekt neben Mieteinnahmen von 7.440 EUR Werbungskosten von insgesamt 9.874 EUR geltend. In diesen waren umlagefähige Betriebskosten in Höhe von 800,12 EUR enthalten. Die vereinbarte Kaltmiete von 905 EUR sei marktgerecht, zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten von 800,12 EUR für das Jahr 2016 ergebe sich eine marktgerechte Miete von monatlich 971,68 EUR. Nach Abzug des Abschlags für Alleinnutzung von 330 EUR verbleibe eine monatliche Miete von 641,68 EUR, das seien 66,04 % der marktüblichen Miete. Es sei auch eine Betriebskostenabrechnung gegenüber L erfolgt. Für die Frage, ob eine Aufteilung der Nutzungsüberlassung einer Wohnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil vorzunehmen sei, komme es allein auf das Verhältnis der ortsüblichen zur im Mietvertrag vereinbarten Miete und nicht etwa darauf an, ob und in welcher Höhe der Vermieter das vereinbarte Entgelt für die Gebrauchsüberlassung bereits während eines laufenden Jahres tatsächlich vereinnahme. Anderenfalls hinge die teilweise Unentgeltlichkeit von Zufälligkeiten und Unwägbarkeiten ab wie Zahlungsfähigkeit und Zahlungswillen des Mieters, auf die der Vermieter keinen Einfluss habe. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, es liege eine teilentgeltliche Vermietung im Umfang von lediglich 63,54 % vor. S bekam beim Sächsischen Finanzgericht Recht.

Klaus Krohn
Quelle:
Sächsisches FG, Urteil vom 27.04.2020, Az. 6 K 1390/19