RICHARD BOORBERG VERLAG

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08.03.2019

Einkommensteuer

Ortsübliche Miete – EOP-Methode – Schätzung

EStG § 21

1. Die ortsübliche Vergleichsmiete kann nicht auf der Grundlage statistischer Annahmen mit der sog. EOP-Methode bestimmt werden (Anschluss an BGH-Rechtsprechung).                                                     

2. Lassen sich vergleichbare Objekte nicht finden, muss das Gericht einen erfahrenen und mit der konkreten örtlichen Marktsituation vertrauten Sachverständigen, z. B. einen erfahrenen Makler, beurteilen lassen, welchen Miet- oder Pachtzins er für angemessen hält.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb ein Grundstück mit historischem Altbestand, der als Gaststätte genutzt wird. Nach umfangreicher und kostspieliger Sanierung des Gebäudes verpachtete sie das Grundstück u. a. zum Betrieb einer Gaststätte an ihren Ehemann. Das FA nahm auf der Grundlage von Internet-Recherchen eine verbilligte Verpachtung an und kürzte die Werbungskosten entsprechend. Das FG beauftragte einen Sachverständigen mit der Ermittlung der ortsüblichen Marktpacht. Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass sich aufgrund der Besonderheiten des Objekts keine vergleichbaren Objekte finden lassen, so dass die Marktpacht nicht nach der sog. Vergleichsmethode bestimmt werden kann. Der Sachverständige hat die ortsübliche Marktpacht durch eine von ihm entwickelte „Kombinationsmethode“ ermittelt, wobei er zum einen aufgrund statistischer Annahmen die von einem normal qualifizierten Betreiber zu erwirtschaftende Pacht (ertragsorientierter Pachtwert, sog. EOP-Verfahren) und zum anderen die vom Verpächter auf der Grundlage seiner Investitionen mindestens erwartete Investivpacht ermittelt. Führen beide Verfahren nicht zum selben Ergebnis, geht der Gutachter davon aus, dass ein Ausgleich gefunden werden muss. Im Streitfall hat der Gutachter eine pächterseits mögliche Pacht von 1 657 Euro und eine Investivpacht von 3 404 Euro ermittelt. Unter der Annahme, dass der Pachtvertrag rechtsgültig ist, beziffert er den marktangemessenen Pachtzins auf monatlich 1 530,50 Euro. Da das FA von einem geringeren Betrag ausgegangen ist, hat das FG die Klage abgewiesen.

Entscheidung des BFH

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Für die verbilligte Überlassung von Gewerbeobjekten gilt als allgemeiner Grundsatz ein Aufteilungsgebot. Die anteilig auf die unentgeltliche Überlassung entfallenden Aufwendungen können nicht abgezogen werden. Ob eine verbilligte Vermietung oder Verpachtung vorliegt, ist im Wesentlichen Tatfrage. Das FG muss die vereinbarte Miete oder Pacht der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht gegenüberstellen. Letztere muss es von Amts wegen ermitteln. Dazu kann das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen. Grundsätzlich gibt es keine rechtlichen Vorgaben, nach welcher Methode der Sachverständige vorgehen muss. Eine Grenze ist aber überschritten, wenn der Sachverständige aufgrund der von ihm gewählten Methode letztlich etwas anderes ermittelt als die ortsübliche Marktmiete oder -pacht. Das ist der Fall, wenn er im Wesentlichen darauf abstellt, welche Miete oder Pacht auf der Grundlage statistischer Annahmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vom Mieter oder Pächter im Durchschnitt erwirtschaftet werden kann (sog. EOP-Methode). Mit solchen Erwägungen kann der Markt allenfalls global abgebildet werden. Das Gesetz verlangt aber, auf den örtlichen Markt zu blicken.

Das FG muss nun die ortsübliche Marktpacht noch einmal feststellen. Dafür genügt eine Schätzung unter Mitwirkung eines ortskundigen, erfahrenen Sachverständigen oder Maklers. Die damit verbundene höhere Unsicherheit ist hinzunehmen. Kann sich das FG auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen nicht die für eine Schätzung erforderliche Überzeugung bilden, geht dies zu Lasten des FA, das die objektive Beweislast zu tragen hat.

Praxishinweis

Die ertragsorientierte Pachtwertermittlung (sog. EOP-Methode) und unwesentliche Abwandlungen dieser Methode (insbesondere die sog. indirekte Vergleichswertmethode) ist generell nicht geeignet, um die ortsübliche Marktmiete oder -pacht zu ermitteln. Der ortsübliche Preis für eine Nutzungsüberlassung auch bei einem Gaststättenobjekt hängt nicht maßgeblich davon ab, welchen Ertrag ein durchschnittlich begabter Gastwirt voraussichtlich mit dem Objekt erwirtschaften kann, sondern wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Erforderlich ist ein erfahrener und mit der konkreten (örtlichen) Marktsituation vertrauter Sachverständiger – z. B. ein erfahrener Makler –, der beurteilen kann, welchen Miet- oder Pachtzins er für angemessen hält. Die bei diesem Vorgehen unvermeidlich höhere Schätzungstoleranz muss hingenommen werden. Ist auch eine solche Schätzung nicht möglich, geht dies zu Lasten des für das Merkmal der verbilligten Miete beweisbelasteten FA.

Prof. Dr. Monika Jachmann-Michel
Quelle:
BFH, Urteil vom 10.10.2018, IX R 30/17, DStR 2019 S. 376