RICHARD BOORBERG VERLAG

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26.04.2021

Gewerbesteuer

Mehrwegsteigen für Obst und Gemüse

  

Unterliegt das von einem Großhandelsunternehmen für die Umlaufmiete von sog. Mehrwegsteigen zum Transport von Obst und Gemüse gezahlte Entgelt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung?

Die G-GmbH vermarktet und handelt mit Obst und Gemüse einer Erzeugerorganisation, zu der sich produzierende Landwirte zusammengeschlossen haben. Abnehmer ihrer gehandelten Produkte sind vor allem der Einzelhandel, aber auch Cateringfirmen sowie Industrie- oder Exportfirmen. Die G-GmbH nutzte in den Jahren 2008 bis 2011 für die Lieferung von Obst und Gemüse – insbesondere von den Erzeugern zum Einzelhandel – Gemüsekisten (sog. Mehrwegsteigen), die von der Firma F zur Verfügung gestellt wurden. Zwischen der G-GmbH und der Firma F bestand ein Ende 2005 geschlossener Mietvertrag für die Benutzung von Verpackungen. Unter der Bezeichnung Mietgegenstand heißt es dort, dass der Vermieter dem Mieter die Benutzung sog. Modelle gestatte. Die Firma F verwaltet und bewirtschaftet einen Pool von Klappsteigen, starren Steigen, Bigboxen und Poolpaletten für den mehrmaligen Gebrauch, die als Modelle bezeichnet werden, im Eigentum der Firma F stehen und nicht für den Verkauf bestimmt sind. Der Mieter mietet die Modelle vom Vermieter, um ausschließlich Produkte selbst oder über Dritte zu verpacken, zu vermarkten und zu transportieren. Für alle Modelle hat der Mieter an den Vermieter eine Pfandgebühr und eine Mietgebühr zu zahlen. Die G-GmbH nutzt zum Transport und zur Lagerung Gemüsekisten, die von der Firma F gemietet werden und über die wöchentlichen Abrechnungen erfolgen, in denen eine Nutzungsgebühr in Rechnung gestellt wird.

Das Finanzamt war der Ansicht, die Gemüsekisten gehörten zum Anlagevermögen der G-GmbH, weil diese als dauerhaft dem Betrieb dienendes Wirtschaftsgut zu bilanzieren seien. Für das Jahr 2011 wurden daher Aufwendungen für die genutzten Mehrwegsteigen ermittelt und gewerbesteuerlich hinzugerechnet. Die G-GmbH meinte dagegen, wenn ein Großhandelsunternehmen für Obst und Gemüse, das die Produkte einer Erzeugerorganisation vertreibe, für die Belieferung des Einzelhandels mit seinen Waren im Rahmen eines Mehrwegsystems von Drittunternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellte Mehrwegsteigen nutze, so stellten diese bei dem Unternehmen jeweils nur kurzfristig im Umlauf befindlichen Steigen im Fall fiktiven Eigentums kein Anlagevermögen, sondern Umlaufvermögen dar, wenn sich das Unternehmen hinsichtlich Menge und Art der genutzten Steigen eng am Warenbedarf und den konkreten Vorgaben des Einzelhandels orientiere. In diesem Fall erfolge hinsichtlich des gezahlten Entgelts für die Mehrwegsteigen keine Hinzurechnung. Die G-GmbH bekam beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht Recht.

Klaus Krohn
Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 30.06.2020, Az. 1 K 55/16