RICHARD BOORBERG VERLAG

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17.04.2019

Einkommensteuer

Kfz-Aufwendungen eines außergewöhnlich gehbehinderten Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastungen

EStG § 33

Kfz-Aufwendungen eines außergewöhnlich gehbehinderten Steuerpflichtigen sind nicht über den Pauschbetrag in Höhe von 0,30 Euro/km hinaus als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar, wenn sie die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschreiten.

Sachverhalt

Streitig ist, ob Kfz-Aufwendungen, die durch eine schwere Erkrankung des Klägers veranlasst sind, als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 machten die Kläger u.a. Kosten für behinderungsbedingte Fahrten in der vom Kläger errechneten tatsächlichen Höhe von 0,77 Euro/km als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das FA erkannte die Aufwendungen für die Fahrten nur mit 0,30 Euro pro gefahrenem km an. Das FG berücksichtigte die Fahrtkosten in der von den Klägern erklärten Höhe als außergewöhnliche Belastungen.

Entscheidung des BFH

Die Fahrtkosten können nicht über den vom FA angesetzten Betrag hinaus als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung können außergewöhnlich gehbehinderte (Merkzeichen aG) Steuerpflichtige neben den Pauschbeträgen für Behinderte auch die Kfz-Aufwendungen für Privatfahrten in angemessenem Rahmen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Angemessen i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Aufwendungen für Fahrten bis zu 15.000 km im Jahr bis zur Höhe der Kilometerpauschbeträge, die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien für den Abzug von Kfz-Kosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben festgelegt sind. Damit sind sämtliche Aufwendungen eines Behinderten für Fahrten, die der allgemeinen Lebensführung einschließlich Freizeit- und Erholungszwecken dienen, abgegolten. Allerdings wird in sog. „krassen Ausnahmefällen“ ein höherer Abzug erwogen. Die im Streitfall ermittelten Kosten in Höhe von 0,7764 Euro pro gefahrenem Kilometer begründen indes keinen „krassen Ausnahmefall“, der ein Abweichen von den Pauschsätzen rechtfertigen würde. Sie liegen nicht wesentlich über den durchschnittlichen Fahrzeugkosten von Fahrzeugen der Mittelklasse, die nicht die besonderen Eigenschaften des vom Kläger wegen seiner Behinderung verwendeten Modells aufweisen.

Praxishinweis

Der sog. krasse Ausnahmefall wird in der BFH-Rechtsprechung zwar nicht explizit aufgegeben. Es dürfte aber schwierig sein, in der Praxis zur Anerkennung eines solchen Sonderfalls zu kommen.

Dr. Elvira Hettler
Quelle:
BFH, Urteil vom 21.11.2018, VI R 28/16, BFH/NV 2019 S. 265