RICHARD BOORBERG VERLAG

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29.01.2021

Einkommensteuer

Erste Tätigkeitsstätte im Auslands(praxis)semester

  

Können Studierende Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Auslands(praxis)semesters als vorab entstandene Werbungskosten steuerlich geltend machen?

Studentin S nahm nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium an der inländischen Hochschule H auf. Die Studienordnung der H schreibt für den Studiengang vor, dass S das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partneruniversität zu absolvieren hat. Während des Auslandsstudiums bleibt S an der inländischen H eingeschrieben. S beantragte für die Zeit ihres Auslandsstudiums die Anerkennung der dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie der angefallenen Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten.

Das Finanzamt lehnte dies indes ab, weil die Auslandsuniversität die erste Tätigkeitsstätte der S gewesen sei und daher die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung – vergleichbar einem Arbeitsnehmer – nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden könnten. Eine solche liege aber nicht vor. S war dagegen der Ansicht, die Studienordnung der H sehe in ihrem Fall vor, dass S einen Teil ihres Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren könne bzw. müsse. Daher bleibe die inländische H, jedenfalls soweit S dieser auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet bleibe, die erste Tätigkeitsstätte. Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland seien deshalb als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliege. Entsprechendes gelte bei Praxissemestern. S könne Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen ihrer Auslands(praxis)semester somit als vorab entstandene Werbungskosten steuerlich geltend machen. Dies gelte allerdings nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder eine Bachelorstudiengang) abgeschlossen hätten. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) seien hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen. Der Aufwand werde nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirke sich steuerlich nur aus, wenn Studierende im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügten. S bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Klaus Krohn
Quelle:
BFH-Urteil vom 14.5.2020, Az. VI R 3/18