RICHARD BOORBERG VERLAG

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17.05.2021

Einkommensteuer

Arbeitszimmer eines Unfallchirurgen

  

Ist ein häusliches Arbeitszimmer eines Unfallchirurgen steuerlich anzuerkennen, wenn der Arbeitgeber dieses mit einer im Rahmen von Rufbereitschaftsdiensten verwendbaren Teleradiologie ausstattet?

Arzt A erzielte im Jahr 2015 als Oberarzt der Unfallchirurgie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der K-Klinik in S-Stadt. Die regelmäßige Arbeitszeit des A war tarifvertraglich festgelegt und betrug 40 Stunden pro Woche. Seinen Wohnsitz unterhielt A ebenfalls in S-Stadt. Dort bewohnte er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ein Einfamilienhaus. Im Erdgeschoss befindet sich ein von der Diele abgehendes abgeschlossenes Zimmer, das mit einem Schreibtisch, einem Bücherregal, zwei Sideboards, einem PC, einem Drucker und einem Router ausgestattet ist. Während der regelmäßigen Arbeitszeit stellte die K-Klinik dem A im Krankenhaus ein Arbeitszimmer zur Verfügung. Daneben war A nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet, am ärztlichen Ruf- und Bereitschaftsdienst der K-Klinik teilzunehmen. Während dieses Rufbereitschaftsdiensts durfte A seinen Aufenthaltsort frei wählen. Rufbereitschaftsdienste fanden werktags von 16:00 Uhr bis 7:30 Uhr des Folgetags sowie an Wochenenden und Feiertagen von 8:00 Uhr bis 8:00 Uhr des Folgetags statt. Im Durchschnitt hatte A monatlich acht bis zehn Rufbereitschaftsdienste zu verrichten. Für die Fahrt von seinem Wohnort zur K-Klinik benötigte A höchstens 15 bis 30 Minuten. Die K-Klinik stellte A für die Ableistung der Rufbereitschaftsdienste eine Teleradiologie im Arbeitszimmer seines Einfamilienhauses zur Verfügung. Über eine EDV-Schnittstelle war er dadurch in der Lage, Röntgen- und radiologische Aufnahmen – wie von Computertomographien (CT) oder Magnetresonanztomographien (MRT) – einzusehen. A konnte die Bilder so betrachten und befunden. Weiterhin konnte er aufgrund der Befunde Therapieentscheidungen treffen und mit Ärzten und medizinischem Personal vor Ort besprechen. In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 begehrte A den Abzug von Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 902 EUR.

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer dagegen nicht als Werbungskosten. Aufwendungen eines Unfallchirurgen für ein häusliches Arbeitszimmer könnten auch dann keine Berücksichtigung als Werbungskosten finden, wenn der Arbeitgeber das Arbeitszimmer mit einer Teleradiologie ausstatte, die der Unfallchirurg im Rahmen von Rufbereitschaftsdiensten verwenden könne. Das Finanzamt bekam beim Niedersächsischen Finanzgericht Recht.

Klaus Krohn
Quelle:
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 19.10.2020, Az. 1 K 292/19