Mit der Einführung des Bürgergeldes wird die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu einer modernen Unterstützungsleistung weiterentwickelt. Die staatliche Hilfe soll bürgernäher, unbürokratischer und zielgerichteter sein. Ziel ist, die Menschen besser zu qualifizieren und dauerhaft in Arbeit zu bringen. Außerdem wird die Berechnung der Regelbedarfe auf eine neue Grundlage gestellt.
Finale Abstimmung in Bundestag und Bundesrat
Bundestag und Bundesrat haben am 25.11.2022 abschließend für das Bürgergeld-Gesetz gestimmt. Damit können die neuen Regelungen nun in Kraft treten. Vorgesehen sind zwei Stufen - zum 1. Januar 2023 und zum 1. Juli 2023.
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte zuvor für einen Kompromiss zum Bürgergeld gestimmt, auf den sich zuvor die Koalitionsfraktionen und die Union verständigt hatten. Bundessozialminister Hubertus Heil sprach von einer „richtig guten Lösung“. Das Bürgergeld sei ein neues System, das Chancen gebe und Schutz gewähre, sagte er am Donnerstag. Das Bürgergeld schaffe durch Qualifikation und Weiterbildung neue Wege aus der Bedürftigkeit in die Arbeit, so der Minister.
Erhöhung der Regelbedarfe ab 2023
Gerade angesichts steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten ist es notwendig, so rasch wie möglich die Menschen zu unterstützen, die sehr wenig verdienen oder bedürftig sind.
Mit dem Bürgergeld werden nun die Berechnungen der Regelbedarfe auf eine neue Grundlage gestellt: Die Bedarfe sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Dazu werden zusätzlich die aktuellsten verfügbaren Daten über die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung berücksichtigt.
Die Regelbedarfe für das kommenden Jahr wurden bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten – 53 Euro mehr als bisher.
Karenzzeit bei Wohnen und Vermögen
Damit sich die Leistungsberechtigten auf die Arbeitsuche konzentrieren können, soll im ersten Jahr des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft werden in tatsächlicher Höhe, die Heizkosten in angemessener Höhe anerkannt und übernommen. Zudem gibt es eine Härtefallregelung, wenn Wohneigentum weiterhin selbst genutzt wird.
Wer künftig auf Bürgergeld angewiesen ist, soll in der Karenzzeit zudem Erspartes behalten dürfen. So darf Vermögen erst ab 40.000 Euro angetastet werden, bei weiteren Personen in der Bedarfsgemeinschaft liegt die Grenze jeweils bei 15.000 Euro. Ist die Karenzzeit abgelaufen, wird eine entbürokratisierte Vermögensprüfung vorgenommen.
Freibeträge bei Hinzuverdienst
Mit dem Bürgergeld soll die grundlegende Erfahrung verstärkt werden, dass Arbeit auch im Geldbeutel einen Unterschied macht. Deshalb sollen höhere Freibeträge gelten. Wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können. Die Freibeträge in diesem Bereich werden auf 30 Prozent angehoben. Zudem werden die Freibeträge für Einkommen von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden auf 520 Euro erhöht. Auch für Auszubildende gelten höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung.
Kommunikation auf Augenhöhe
Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen Kooperationsplan abgelöst, der von den Leistungsberechtigen und Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan dient dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und ist damit ein Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes.
Der sogenannte Vermittlungsvorrang in Arbeit wird abgeschafft. Stattdessen werden Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer beruflichen Weiterbildung unterstützt, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung (Coaching) soll Leistungsberechtigten helfen, die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen. Auch jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen, soll ein Coaching ermöglicht werden.
Sanktionen bei Pflichtverletzungen
Wer Termine nicht wahrnimmt, muss weiterhin mit Sanktionen rechnen. Künftig soll ein dreistufiges System gelten: Bei der ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für einen Monat um zehn Prozent, bei der zweiten für zwei Monate um 20 Prozent und bei der dritten für drei Monate um 30 Prozent. Eine Leistungsminderung darf nicht erfolgen, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen.