RICHARD BOORBERG VERLAG

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02.12.2024

Umfängliches Auskunftsverlangen an mutmaßlichen Unterhaltspflichtigen abgelehnt

Auskunftsanspruch ist zunächst auf Angaben zur Jahreseinkommensgrenze begrenzt

Der Auskunftsanspruch gegenüber Unterhaltsverpflichteten über Einkommens- und Vermögensverhältnisse geht nur so weit, wie die Durchführung des SGB XII es erfordert. Fragen zu den Vermögensverhältnissen sind zur Klärung der Frage, ob ein Angehöriger die Jahreseinkommensgrenze tatsächlich überschreitet, nicht erforderlich.

Der Vaters des Klägers lebte mit Pflegegrad 3 seit 2014 in einem Seniorenzentrum und erhielt Leistungen der Hilfe zur stationären Pflege von dem beklagten Sozialhilfeträger. Zur Prüfung einer etwaigen Unterhaltspflicht forderte der Beklagte den Kläger über dessen berufliche Tätigkeit im Management einer Aktiengesellschaft auf, Auskünfte über seine Einkommens- und auch Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat das Urteil und den Auskunftsverwaltungsakt aufgehoben. Das Auskunftsverlangen richte sich nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, wonach vermutet werde, dass das Einkommen der unterhaltspflichtigen Angehörigen die seither maßgebliche Jahreseinkommensgrenze in Höhe von 100 000 Euro nicht erreiche. Zwar lägen hinreichende Anhaltspunkte für das Überschreiten dieser Grenze vor und die Vermutung sei widerlegt. Der Sozialhilfeträger habe zunächst aber nur Auskünfte zum Einkommen erfragen dürfen. Vermögensauskünfte könne er erst verlangen, wenn die Einkommensgrenze tatsächlich überschritten werde. Das umfassende Auskunftsverlangen sei deshalb rechtswidrig.

Hiergegen richtet sich die Revision des beklagten Sozialhilfeträgers. Da § 94 Absatz 1a Satz 5 SGB XII auf 117 SGB XII verweise, der nicht zwischen Einkommens- und Vermögensauskünften unterscheide, finde das gestufte Verfahren im Gesetz keine Stütze.

Der Senat hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Das Landessozialgericht hat zu Recht angenommen, dass der angegriffene Auskunftsverwaltungsakt die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung zur Einholung von Auskünften gegenüber Angehörigen überschreitet. Ein möglicher Unterhaltsanspruch der Eltern gegen ihr erwachsenes Kind geht nach § 94 Absatz 1a SGB XII erst dann auf den Sozialhilfeträger über, wenn die Summe seiner Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts einen Jahresbetrag von 100 000 Euro übersteigt. Um diese Voraussetzungen zu klären, ist das erwachsene Kind einer leistungsberechtigten Person zur Auskunftserteilung verpflichtet, wenn “hinreichende“ Anhaltspunkte vorliegen, dass es die maßgebliche Jahreseinkommensgrenze in Höhe von 100 000 Euro überschreitet. Dies ist hier der Fall; denn nach vorläufiger Prüfung der Sachlage aufgrund erkennbarer Indizien aus öffentlich zugänglichen Quellen bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die maßgebliche Einkommensgrenze überschritten wird.

§ 94 Absatz 1a Satz 5 SGB XII, der auf die Auskunftspflichten nach § 117 SGB XII verweist, ist nach seinem Sinn und Zweck aber dahin auszulegen, dass in einem ersten Schritt vom Angehörigen nur Auskünfte über das jährliche Gesamteinkommen erteilt werden müssen. Der gezielt auch auf Auskünfte zum Vermögen gerichtete Verwaltungsakt war deshalb rechtswidrig. Umfassende Auskünfte auch zum Vermögen müsste der Kläger in einem zweiten Schritt erst erteilen, wenn die 100 000-Euro-Grenze überschritten wäre.

BSG, Urt. vom 21.11.2024, B 8 SO 5/23 R
 

Quelle:
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/ DE/2024/2024_11_21_B_08_SO_05_23_R.html