RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.11.2023

Kein Anspruch auf höhere Altersrente ohne Anwendung der Ruhensregelung

Abgeordnetenentschädigung schließt weitere Leistungen aus öffentlichen Mitteln aus

Bei der Ruhensvorschrift im Abgeordnetengesetz handelt es sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Sie soll verhindern, dass mehrere Leistungen aus öffentlichen Kassen mit unterhaltssichernder Funktion in vollem Umfang gleichzeitig gezahlt werden. Mit Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag wird die Altersrente wieder in voller Höhe ausgezahlt. 

Der Kläger wendet sich dagegen, dass seine Altersrente gemäß § 29 Absatz 2 Satz 2 Abgeordnetengesetz in Höhe von 50 Prozent ruht, weil er als Mitglied des Deutschen Bundestages eine monatliche Abgeordnetenentschädigung erhält. Die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) wies seinen Widerspruch gegen den entsprechenden Rentenbescheid zurück.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Anwendung des § 29 Absatz 2 Satz 2 Abgeordnetengesetz sei rechtmäßig. Eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift sei nicht zu erkennen.

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger, § 29 Absatz 2 Satz 2 Abgeordnetengesetz verstoße gegen Artikel 14 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz sowie gegen die grundrechtsgleich durch Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz geschützte Freiheit des Abgeordneten.

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Ein Anspruch auf höhere Altersrente ohne Anwendung der Ruhensregelung des § 29 Absatz 2 Satz 2 Abgeordnetengesetz neben der Abgeordnetenentschädigung besteht nicht. Der Senat konnte sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugen. Nach der Rechtsprechung des BGS handelt es sich bei der Abgeordnetenentschädigung um eine Leistung mit Alimentationscharakter, die grundsätzlich weitere Leistungen aus öffentlichen Mitteln ausschließt. Als Mittel aus öffentlichen Kassen sieht das Bundesverfassungsgericht auch die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung an. Dem steht nicht entgegen, dass die Rente zu einem erheblichen Teil auf eigenen Leistungen beruht.

Zwar genießen Rentenansprüche und Rentenanwartschaften grundsätzlich als Eigentum den Schutz des Artikels 14 Absatz 1 Grundgesetz. Bei der Ruhensvorschrift handelt es sich aber um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Sie soll verhindern, dass mehrere Leistungen aus öffentlichen Kassen mit unterhaltssichernder Funktion in vollem Umfang gleichzeitig gezahlt werden. Das Ruhen in Höhe von 50 Prozent verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Stammrecht der Rente nicht berührt wird. Der Ruhenstatbestand ist zeitlich begrenzt. Mit Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag wird die Rente wieder in voller Höhe ausgezahlt. Es verbleibt immer noch ein substanzieller Teil der Rente neben der wesentlich höheren ungeschmälerten Abgeordnetenentschädigung.

BSG, Urteil vom 18.10.2023, B 5 R 49/21 R

Quelle:
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/ DE/2023/2023_10_18_B_05_R_49_21_R.html