RICHARD BOORBERG VERLAG

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17.06.2024

Bundesteilhabepreis 2023 verliehen

Vorbildliche Projekte einer barrierefreien ambulanten Gesundheitsversorgung prämiert

Am 4.6.2024 wurde im Rahmen der jährlichen Inklusionstage zum fünften Mal der Bundesteilhabepreis verliehen. Der Wettbewerb zum Thema "GESUNDHEIT INKLUSIV – barrierefreie ambulante Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen" zeichnet bundesweit herausragende Projekte aus und ist mit insgesamt 17.500 Euro dotiert.

Eine unabhängige Fachjury, bestehend aus zwölf Expertinnen und Experten der Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie aus den Kommunen und den Ländern, hat die Preisträger weisungsfrei und anonymisiert ausgewählt. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit hat wie in den Vorjahren das Wettbewerbsverfahren umgesetzt.

Der Bundesteilhabepreis wird von dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund unterstützt. Mit dem Preis wird auch die Forderung der UN-Behinderten­rechts­konvention nach umfassender Teilhabe aufgegriffen. Initiiert wurde der Bundesteilhabepreis im Jahr 2019 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der InitiativeSozialraumInklusiv (ISI). 

 

Die Preisträger des Bundesteilhabepreises 2023 sind:

1. Preis: Projekt "Gynäkologische Sprechstunde für Mädchen und Frauen mit Mobilitätseinschränkungen"

Landeshauptstadt München, Gesundheitsreferat

Im Oktober 2021 wurde in den Räumen des Gesundheitsreferats der Stadt München das Modellprojekt "Gynäkologische Sprechstunde für Frauen und Mädchen mit Mobilitätseinschränkungen" eröffnet. Bürgerinnen mit Einschränkungen der Mobilität, zum Beispiel Rollstuhlfahrerinnen, können diese Sprechstunde für alle regulären gynäkologischen Untersuchungen nutzen, auch wenn sie eine Mehrfachbehinderung haben. Der Zugang ist barrierefrei, die Praxisräume sind mit Hebelifter und höhenverstellbarem gynäkologischen Untersuchungsstuhl ausgestattet. Die Gynäkologinnen und Gynäkologen werden von einer erfahrenen Pflegefachkraft und einer Medizinischen Fachangestellten unterstützt. Besonders ist auch der einstündige Zeitrahmen für einen Behandlungstermin, sodass bei den Patientinnen kein Zeitdruck entsteht.

Für Frauen mit Mobilitätseinschränkung aus München und Umgebung ist hiermit ein Angebot entstanden, das die ambulante gynäkologische Versorgung sicherstellt. Hiermit wurde eine Versorgungslücke geschlossen. Vorbildlich ist auch, dass sich, um das Projekt zu verwirklichen, die Stadt München mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern zusammengetan hat. An der Umsetzung beteiligt waren auch Menschen mit Behinderungen. Über 250 Patientinnen wurden bisher behandelt. Eine Evaluation Ende 2023 zeigte eine große Zufriedenheit bei allen Beteiligten, sowohl organisatorisch als auch inhaltlich.

 

2. Preis: Projekt Inklusive Zahnarztpraxis

Zahnarztpraxis Dr. Guido Elsäßer

Das Projekt "Inklusive Zahnarztpraxis" wurde bereits im Jahr 1995 initiiert. Die Praxis Dr. Guido Elsäßer liegt in unmittelbarer Nähe einer Behinderten­wohn­ein­rich­tung, daher war die Barrierefreiheit der Praxisräume bei Bau und Einrichtung naheliegend. Zur Ausstattung gehören neben Rampe und Aufzug eine abgesenkte Sprechanlage, elektronische Türöffner sowie ein abgesenkter Empfangstresen. Mobile Geräte zum Röntgen, Transferhilfen wie Haltegurte und Rutschbretter sind Teil der inklusiven Praxis. Die Zahnärztinnen und Zahnärzte nehmen regelmäßig an Special-Care-Dentistry-Fortbildungen teil. Wenn notwendig, untersuchen sie Patientinnen und Patienten mit Behinderungen auch direkt vor Ort in ihrer häuslichen Umgebung.

Auch im Bereich der barrierefreien Kommunikation wurden Möglichkeiten geschaffen, zum Beispiel wurde ein Aufklärungsbogen in Leichter Sprache entwickelt. Kommuniziert wird mit allen Patienten auf Augenhöhe, ggf. mit Kommunikationshilfen oder unterstützenden Personen. Zusammengearbeitet wird auch mit Therapeutinnen und Therapeuten aus den Bereichen Logopädie und Physiotherapie. Für Menschen mit Behinderungen wurde so eine ambulante zahnärztliche Versorgung geschaffen, in der sie angstfrei und ohne Barrieren behandelt werden können. Klinikeinweisungen können dadurch reduziert werden.

 

3. Preis: Projekt Gesundheit für alle – jetzt!

Evangelische Stiftung Alsterdorf

Die Evangelische Stiftung Alsterdorf hat die Initiative "Gesundheit für alle – jetzt!" gestartet, mit dem Ziel, die Gesundheit von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Hintergrund war die Erfahrung, dass Menschen mit Behinderungen viele Hürden im Gesundheitssystem erleben und Krankheiten häufig spät erkannt und nicht angemessen behandelt würden. Die Initiative besteht aus verschiedenen Bausteinen: Dazu gehören Präventions­angebote, um selbst etwas für die eigene Gesundheit zu tun, die Entwicklung von ambulanten und stationären medizinischen Versorgungs­angeboten, aber auch Vernetzungs­arbeit und Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitssystem.

Seit 2011 wird ein ganzheitliches Konzept umgesetzt, bei dem einerseits Bedarfe ermittelt, andererseits aber auch konkrete Versorgungsangebote erprobt und evaluiert werden. In regelmäßigem Austausch mit Menschen mit Behinderungen wurden verschiedene Angebote entwickelt. Dabei wird eng mit Krankenhäusern, Ärzte-Personal, Kammern und Fachverbänden zusammen­gearbeitet. Menschen mit Behinderungen lernen in Workshops, wie sie im Austausch mit Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Pflegekräften ihre Anliegen deutlich machen können.

 

 

Quelle:
https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/ 2024/bundesteilhabepreis-2023-verliehen.html