RICHARD BOORBERG VERLAG

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03.04.2023

Betroffene mit Pflegegrad 0 beanspruchte Pflegedienst für ihre Haushaltsführung

Pflegedienst muss keine reine Haushaltshilfe leisten

Alte oder kranke, jedoch nicht pflegebedürftige Menschen, die eine Hilfe für ihre Haushaltsführung benötigen, können vom Sozialhilfeträger auf Haushaltshilfen auf Minijob-Basis verwiesen werden. Das gilt für Betroffene, die vor Einführung des Dritten Pflegestärkungsgesetzes die Pflegegrad 0 aufwiesen und bis dahin einen Pflegedienst zur Haushaltshilfe in Anspruch nahmen.

Die Klägerin lebt allein und ist in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, so dass die Weiterführung ihres Haushalts gefährdet ist. Zuletzt bis April 2017 leistete der beklagte Sozialhilfeträger Hilfe zur Pflege (sogenannter Pflegegrad 0). Nach Änderung der Rechtslage durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz lehnte die Beklage ab dem 1. Mai 2017 Leistungen der Hilfe zur Pflege ab. Den (nur noch) im Bereich Haushaltsführung bestehenden Bedarf könne die Klägerin durch Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe zum gesetzlichen Mindestlohn aus eigenem Einkommen vollständig decken. Die Klägerin nahm für die Haushaltsführung jedoch weiterhin den Pflegedienst in Anspruch.

Das SG hat die auf Kostenerstattung gerichtete Klage abgewiesen. Das LSG hat die Beklagte zur Zahlung für Mai 2018 verurteilt: Hilfe zur Weiterführung des Haushalts (§ 70 SGB XII) sei als Sachleistungsanspruch ausgestaltet. Die Klägerin habe danach Anspruch auf Erstattung der Kosten (abzüglich eines Eigenanteils), die ihr durch Beauftragung des beigeladenen Leistungserbringers entstanden seien. Die Beklagte ging in Revision.

Der Senat hat die Revision der Beklagten vollumfänglich zurückgewiesen. Die Klägerin erfüllt zwar dem Grunde nach die Voraussetzungen für eine dauerhafte Hilfe zur Weiterführung des Haushalts nach § 70 SGB XII. Selbst wenn hier die Heranziehung einer “besonderen Person“ - verstanden als professionelle Kraft - erforderlich war, bestand ein Bedarf nach den bindenden Feststellungen des LSG ausschließlich bei einfachen hauswirtschaftlichen Verrichtungen (ein wöchentlicher Einkauf und Hilfe bei aufwändigen Aufräum- und Reinigungsarbeiten sowie kleine Hilfestellungen im Haushalt).

Die Beklagte durfte die Klägerin daher darauf verweisen, eine ungelernte Haushaltshilfe zu ortsüblichen Konditionen in Anspruch zu nehmen, deren Kosten die Klägerin hier aus eigenem Einkommen hätte aufbringen können. Die Inanspruchnahme eines vertragsgebundenen Pflegedienstes war dagegen nicht angemessen.

Ein Anspruch folgt nicht daraus, dass keine als Haushaltshilfe zugelassenen Dritten zur Verfügung standen; § 70 Absatz 3 Satz 3 SGB XII gibt entgegen der Auffassung des LSG keine Erbringung als Sachleistung vor, bei dem der Leistungsempfänger auf zugelassene Leistungserbringer zurückgreift, die mit dem Träger der Sozialhilfe entsprechende Verträge geschlossen haben.

BSG, Urt. v. 23.02.2023, B 8 SO 4/22 R

Quelle:
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/ 2023/2023_02_23_B_08_SO_04_22_R.html