RICHARD BOORBERG VERLAG

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27.02.2023

Arbeitsentgelt gilt als erzielt, wenn es tatsächlich zugeflossen ist

Verzinsung des Nachzahlungsanspruchs auf Alg erfolgte erst nach erfolgter Zahlung

Die Verzinsung der Sozialleistungsansprüche richtet sich nach deren Fälligkeit und diese nach deren Entstehen (§§ 40, 41 SGB I). Die Fälligkeit der Ansprüche auf höheres Arbeitslosengeld infolge nachträglicher Vertragserfüllung tritt erst ein, wenn die verspätet ausgezahlten Arbeitsentgelte auch zugeflossen sind.

Die beklagte Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 1.8.2009 bis 31.10.2010 Arbeitslosengeld in Höhe eines Leistungssatzes von 28,40 Euro. Den Überprüfungsantrag des Klägers mit der Begründung, er beanspruche von seiner ehemaligen Arbeitgeberin eine höhere Vergütung, lehnte die Beklagte ab. Im Verfahren stellte das BAG mit Beschluss vom 13.4.2016 das Zustandekommen eines Vergleichs zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin fest, in dem sich diese zu einer Lohnnachzahlung verpflichtete und an den Kläger überwies. Dies teilte der Kläger der BfA am 2. Juni 2016 mit. Die BfA änderte daraufhin die Leistungsbewilligung, setzte den Leistungssatz auf 55,15 Euro fest und gewährte eine Nachzahlung von Arbeitslosengeld.

Auf den Antrag des Klägers auf Verzinsung dieses Nachzahlungsanspruchs bewilligte die BfA Zinsen für die Zeit vom 1.1.2017 bis 30.4.2018, lehnte für die Zeit bis 31.12.2016 jedoch die Verzinsung ab, denn der vollständige Leistungsantrag habe erst im Juni 2016 vorgelegen. Die dagegen gerichtete Klage.

Das LSG verurteilte die BfA, den Nachzahlungsbetrag auch für die Zeit vom 1.7.2016 bis 31.12.2016 zu verzinsen. Denn der Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitslosengeld nach dem erhöhten Leistungssatz sei erst mit dem Zufluss des nachgezahlten Arbeitslosengeld am 13.5.2016 im Sinne des § 44 Absatz 1 SGB I fällig geworden.

Der Kläger ging in Revision, denn sein Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld habe bereits ab Leistungsbeginn bestanden.

Das BSG entschied, dass die Beklagte keinen Anspruch auf eine weitergehende Verzinsung des Nachzahlungsanspruchs auf Arbeitslosengeld habe. Die nachgezahlten Arbeitsentgelte waren am 13.5.2016 zugeflossen und Arbeitslosengeld daher erst ab dem 1.7.2016 zu verzinsen. Die Verzinsung der Sozialleistungsansprüche richtet sich nach deren Fälligkeit und diese nach deren Entstehen (§§ 40, 41 SGB I). Die Fälligkeit der hier maßgeblichen Einzelansprüche auf höheres Arbeitslosengeld, die infolge einer nachträglichen Vertragserfüllung erst später ausgezahlt worden sind, tritt erst zum Ende desjenigen Monats ein, in dem die verspätet ausgezahlten Arbeitsentgelte tatsächlich zugeflossen sind. Dies folgt aus § 131 Absatz 1 Satz 2 Alternative 1 SGB III alte Fassung, wonach der tatsächliche Zufluss der Arbeitsentgelte zur materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzung geworden ist.

BSG, Urteil vom 15.2.2023, B 11 AL 42/21 R

Quelle:
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/ DE/2023/2023_02_15_B_11_AL_42_21_R.html