RICHARD BOORBERG VERLAG

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18.03.2024

"Rentnerprivileg" kann nur in Ausnahmefällen beibehalten werden

Kläger hatte durch seinen Abänderungsantrag neue Rechtslage geschaffen

Das "Rentnerprivileg" endet, wenn nach dem 31. August 2009 ein Abänderungsverfahren eingeleitet und der Versorgungsausgleich geändert wird. Dies ergibt sich aus § 268a Absatz 2 SGB VI sowie aus der Gesetzesbegründung zur Abschaffung des Rentnerprivilegs.

Der Kläger bezieht seit Juni 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der beklagten DRV. Im August 2009 wurde seine Ehe geschieden und es erfolgte ein Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht zu seinen Lasten. Unter Anwendung des sogenannten "Rentnerprivilegs" wurde der Versorgungsausgleich zunächst nicht bei der Rente des Klägers berücksichtigt, weil seine frühere Ehefrau noch keine Rente bezog.

Im Juni 2015 beantragte der Kläger die Abänderung des Versorgungsausgleichs. Zur Anwendung kam nunmehr das seit dem 1. September 2009 geltende Recht. Der Versorgungsausgleich wurde für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 geändert. Insgesamt wurden weniger Entgeltpunkte zu Lasten des Klägers auf das Versicherungskonto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen.

Im Anschluss berücksichtigte die DRV jedoch erstmalig die Abschläge aus dem Versorgungsausgleich bei der Berechnung der Rente des Klägers ab dem 1. Juli 2015 und stellte eine Überzahlung in Höhe von 820 Euro fest. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen.

 

Mit seiner Revision beim BSG machte der Kläger geltend, dass das Abänderungsverfahren lediglich als Fortsetzung des Erstverfahrens über den Versorgungsausgleich anzusehen sei. Er habe auf die ursprüngliche Rentenhöhe vertraut.

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat nach der Abänderung des Versorgungsausgleichs zu Recht ab dem 1. Juli 2015 die Rente des Klägers erstmalig um einen Abschlag aus dem Versorgungsausgleich verändert und eine Erstattung der überzahlten Rente verlangt.

Nach Abänderung des Versorgungsausgleichs wird die Rente des Klägers nicht erst zu dem Zeitpunkt um einen Abschlag verändert, zu dem bei einer Rente aus der Versicherung der geschiedenen Ehefrau ein Zuschlag berücksichtigt wird. Dieses "Rentnerprivileg" wurde zeitgleich mit der Einführung des neuen Versorgungsausgleichsrechts zum 1. September 2009 abgeschafft.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die Übergangsvorschrift in § 268a Abs. 2 SGB VI stützen. Die Voraussetzung dafür, dass das "Rentnerprivileg" ausnahmsweise weiterhin anzuwenden ist, wenn vor dem 1. September 2009 "das Verfahren über den Versorgungsausgleich eingeleitet worden ist", ist nicht erfüllt. Der Kläger hat den Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs erst im Juni 2015 gestellt. Das Abänderungsverfahren stellt ein selbstständiges Verfahren über den Versorgungsausgleich dar.

Für ein enges Verständnis der Übergangsvorschrift streitet auch ihr Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte. Danach soll das "Rentnerprivileg" grundsätzlich nur zugunsten derjenigen Versicherten beibehalten werden, bei denen ein Versorgungsausgleich nach dem alten Recht im Sinne eines Einmalausgleichs durchgeführt wird. Das "Rentnerprivileg" ist nicht auf die Systematik des ab dem 1. September 2009 geltenden Versorgungsausgleichsrechts ausgerichtet. Die Übergangsvorschrift schützt auch nicht generell das Vertrauen in den dauerhaften Fortbestand der bisherigen Rentenhöhe. Die durch das Rentnerprivileg gewährte Vergünstigung war seit jeher zeitlich begrenzt und reichte stets nur bis zum Beginn der Rente an den ausgleichsberechtigten Ehegatten. Der Kläger hat zudem selbst durch seinen Abänderungsantrag eine neue Rechtslage geschaffen.

BSG, Urteil vom 22.2.2024, B 5 R 12/22 R

 

Quelle:
www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2024/ 2024_02_22_B_05_R_12_22_R.html