von Dr. Yvonne Ferrant, Richterin am Sozialgericht Karlsruhe und Sigrun von Hasseln-Grindel, Rechtsanwältin, Vors. Richterin am Landgericht a.D.*
In unserer alternden Gesellschaft ist Demenz inzwischen zur Volkskrankheit geworden1. Den Wenigsten ist die rechtliche Tragweite bewusst, die mit einer Demenz verbunden sein kann. Keineswegs erschöpft sich das rechtliche Leben mit einer an Demenz erkrankten Person auf das Betreuungsverfahren. Vielmehr stellt das Phänomen Demenz unsere Rechtsordnung insgesamt vor neue Herausforderungen. Zu den wichtigsten rechtlichen Fragen rund um die Demenz gehören die Regelungen des Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung.
Menschen mit einer mittleren bis schweren Demenz haben oft einen Anspruch auf die Zuerkennung einer Schwerbehinderung, wenn sie einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 erreichen. Ab einem GdB von 50 haben sie auch Anspruch auf die zusätzliche Vergabe von Merkzeichen (vgl. § 152 SGB IX).
1. Der Grad der Behinderung bei Demenz
Nach § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) – Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) und der dortigen Ziffer 3.1.1 Hirnschäden ist der Schweregrad einer Demenz zu beurteilen. Liegt ein Hirnschaden bzw. eine Demenz mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung vor, ist ein Bewertungsrahmen von 50 bis 60 für den Einzel-Grad der Behinderung anzusetzen. Bei einer schweren Demenz und somit einem Hirnschaden mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung ist der Einzel-GdB sogar mit 70 bis 100 zu bemessen.
2. Die Merkzeichen
Als Merkzeichen kommen bei an Demenz erkrankten Menschen insbesondere die Merkzeichen „G“, „aG“, „B“, „H“ und „Bl“ in Betracht. Mit der Vergabe der Merkzeichen kann der Demenzkranke dann zahlreiche Nachteilsausgleiche wie z.B. kostenlose Beförderung einer Begleitperson (Merkzeichen „B“), steuerliche Vergünstigungen (z.B. ab einem GdB von 70 und dem Merkzeichen „G“ ist eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale bei der Steuer absetzbar) und kostenlose Beförderung im öffentlichen Nahverkehr (Merkzeichen „Bl“) erhalten.2
a) Merkzeichen „G“
Das Merkzeichen „G“ wird nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur demjenigen gewährt, der in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Dies ist der Fall, wenn der Demenzkranke im Gehvermögen so eingeschränkt ist (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit), dass er nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere, Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch von anderen durchaus zu Fuß bewältigt werden können. Er ist somit nicht mehr in der Lage, eine Wegstrecke von 2 km in 30 Minuten zu Fuß zu gehen.3
Dafür bedarf es bei den an Demenz erkrankten Menschen, die über eine Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von mindestens 50 verfügen) entweder eine sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen Teil-GdB von wenigstens 50 bedingen. Es ist auch ein GdB der unteren Gliedmaßen von unter 50 denkbar, wenn diese Funktionsbeeinträchtigungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, was der Fall ist, bei einer Versteifung eines Hüftgelenks, eines Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung oder arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem Teil-GdB von 40. Ein Merkzeichen „G“ kommt auch bei sonstigen Erkrankungen auf psychiatrischem und internistischem Fachgebiet in Betracht, wenn diese sich erkennbar auf die Gehfähigkeit auswirken. Dies könnten z.B. Herzschäden mit einer Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach der Gruppe 3 sein.4
Das Merkzeichen „G“ erhält der pensionierte Studiendirektor mit Demenz als geistige Behinderung, wenn diese bei ihm eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit begründet und durch die Behinderung er in seiner Orientierungsfähigkeit auf der Straße gestört und es ihm daher nicht mehr möglich ist, unbekannte Wege oder eine zielgerichtete Wegstrecke zu beschreiten.5
b) Merkzeichen „aG“
Für den Erhalt des Merkzeichens außergewöhnliche Gehbehinderung „aG“ bedarf es nach § 229 Abs. 3 Satz 1 SGB IX einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung und einem Grad der Behinderung von mindestens 80.6 Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt dann vor, wenn sich die schwerbehinderten Demenzkranken wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Das ist der Fall, wenn sie vom ersten Schritt an oder für sehr kurze Entfernungen auf die Notwendigkeit eines Rollstuhls angewiesen sind. Die Rechtsprechung misst dem Erfordernis der dauerhaften Rollstuhlbenutzung eine wesentliche Bedeutung bei. Ein Merkzeichen „aG“ steht einem Demenzkranken z.B. nicht zu, wenn diesem noch das Laufen von 200 Metern mit Unterarmgehstützen oder Rollator möglich ist.7 Der Gesetzgeber hat bei der Abfassung des SGB IX in der Gesetzesbegründung für die Vergabe des Merkzeichens „aG“ beispielhafte Fälle aufgeführt. Sollten bei dem Demenzkranken vergleichbare Funktionsstörungen vorliegen, ist ihm das Merkzeichen „aG“ zuzuerkennen.8
Der pensionierte Studiendirektor mit Alzheimer-Demenz ist nicht vom ersten Schritt an auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Er benutzt aber eine Gehhilfe bei einer Gehstrecke von 50 m (z.B. einen Gehstock oder Rollator). Auch verfügt er seine gesamten gesundheitlichen Funktionsbeeinträchtigungen zusammengenommen nicht über einen GdB von mindestens 80. In einem solchen Fall scheidet für ihn die Vergabe des Merkzeichens „aG“ aus.9
Der pensionierte Studiendirektor mit Alzheimer-Demenz benötigt wegen seines Orientierungsvermögens und seines unkontrollierten Bewegungsdrangs die Beaufsichtigung durch eine Begleitperson. Hier ist für die Vergabe des Merkzeichens „aG“ zusätzlich erforderlich, dass eine so starke Eigen- oder Fremdgefährdung besteht, dass eine verantwortungsbewusste Begleitperson den an Demenz erkrankten Studiendirektor im innerstädtischen Fußgängerverkehr nicht mehr an der Hand halten und leiten, sondern regelmäßig nur noch im Rollstuhl befördern kann.10
c) Das Merkzeichen „B“
Bei der ständigen Begleitung (Merkzeichen „B“) wird die Begleitperson eines schwerbehinderten Demenzkranken, der infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, im öffentlichen Personenverkehr unentgeltlich befördert, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen und dies in seinem Ausweis eingetragen ist. Nach § 228 SGB IX in Verbindung mit Teil D Ziffer 2 b VG ist eine Berechtigung für eine ständige Begleitung bei schwerbehinderten Menschen, bei denen die Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“, „Gl“ oder „H“ vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Der Tatbestand für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ knüpft somit an das gleichzeitige Vorhandensein der Voraussetzungen der Merkzeichen „G“, „Gl“ oder „H“ an.11 Weiter ist Voraussetzung, dass der an Demenz erkrankte bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist (§ 229 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Dementsprechend bedarf es eines regelmäßigen Fremdhilfebedarfs bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels. Denkbar ist auch, dass der Fremdhilfebedarf zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlich ist. Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist z.B. bei geistig behinderten Menschen und Anfallskranken anzunehmen, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist (Teil D Nr. 2 c VG).
Der pensionierte Studiendirektor mit Demenz hätte einen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens B, wenn er neben der Demenz zusätzlich eine Angststörung mit Panikattacken entwickelt hat, welche bei allen Wegen außer Haus auftritt. Diese psychogene Gangstörung äußert sich in einer erheblich verlangsamten Bewältigung auch üblicher Wegstrecken. Ihm steht deshalb das Merkzeichen „G“ zu. Infolge der Angsterkrankung ist er auch nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel ohne fremde Hilfe zu benutzen und braucht Hilfe beim Ein- und Aussteigen. Daher steht ihm auch das Merkzeichen „B“ zu.12
d) Das Merkzeichen „H“
Hilflos ist ein Demenzkranker, wenn er für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den jeweiligen Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Bei den Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Demenzkranken gehören, sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung13 erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der sog. Grundpflege zusammengefasst. Hinzu kommen Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistige Anregungen und Kommunikation zugunsten des Demenzkranken (Sehen, Hören, Sprechen und die Fähigkeit zu Interaktionen). Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen.14 Die Erheblichkeit des Hilfebedarfs wird in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen beurteilt. So ist z.B. der an Demenz Erkrankte nicht hilflos, wenn er nur in relativ geringem Umfang, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist.15 Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens „H“ haben demgegenüber diejenigen Demenzkranken, deren täglicher Zeitaufwand für die Hilfeleistung mindestens zwei Stunden erreicht. Dabei kann erst bei einem nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zuerkannten Pflegegrad 4 davon ausgegangen werden, dass generell eine Hilfebedürftigkeit besteht.16
Die Pflegekraft muss den pensionierten Studiendirektor mit Alzheimer-Demenz in einem Zeitumfang von 4 Stunden täglich, wie sich aus dem Gutachten des Medizinischen Dienstes ergab, betreuen im Bereich der Grundpflege, bei den oben genannten Verrichtungen. Hier steht ihm das Merkzeichen „H“ zu.17
e) Das Merkzeichen „Bl“
Die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens „Bl“ richten sich nach den Blindengesetzen der einzelnen Bundesländer und dem Begriff der Blindheit in § 72 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Dabei wird z.B. im Gesetz über die Landesblindenhilfe (Blindenhilfegesetz – BliHG) Baden-Württemberg vom 8.2.1972 u.a. ein Demenzkranker, der zugleich blind ist, soweit er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg hat, zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen und Benachteiligungen auf Antrag eine Landesblindenhilfe gewährt. Blind ist er nach § 1 Abs. 2 BliHG, wenn seine Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 1/50 beträgt18 oder eine andere nicht nur vorübergehende Störung des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegt, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleich zu achten ist. Das Bundessozialgericht geht von einem weiten Verständnis des Sehvorgangs aus und erfasst davon die optische Reizaufnahme, die Reizweiterleitung und die weitere Verarbeitung der optischen Reize im Bewusstsein des an Demenz erkrankten Menschen. Eine der Blindheit entsprechende gleich schwere zerebrale Störung des Sehvermögens setzt daher keine spezifische Sehstörung voraus.19
Ein Anspruch auf ein Merkzeichen „Bl“ besteht z.B. wenn der pensionierte Studiendirektor unter einer sehr schweren Demenz bei Alzheimerkrankheit leidet und wenn bei ihm die weitere Verarbeitung optischer (und der übrigen) Reize im Bewusstsein nicht mehr gegeben ist. Bei ihm besteht eine Verarbeitungsstörung optischer Signale, die hauptsächlich auf einer generalisierten Kognitionsstörung beruht. Die aufgenommenen Signale können bei dem Demenzkranken wegen fehlender Verarbeitung im Gehirn nicht mehr genutzt werden, dies gilt dabei auch für das Sehen.20
Anmerkungen
* Beitrag aus von Hasseln-Grindel (Hrsg.), Demenz Rechtsratgeber, Praxisleitfaden, 2025 ISBN 978-3-415-07668-6.
1 Vgl. Zahlen: https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/faktenzentrale/.
2 Vgl. zu den einzelnen Merkzeichen und den dazu gehörigen Nachteilsausgleichen, https://www.betanet.de/files/pdf/nachteilsausgleiche-merkzeichen.pdf (abgerufen am 7.2.2025).
3 Vgl. dazu SG Augsburg, Urt. v. 31.7.2014 – S 8 SB 301/13 – juris, Rn. 20.
4 Herzschäden wenigstens nach der Gruppe 3 liegen nach Ziffer 9.1.1 VG vor, wenn Personen beim Spazierengehen bei einer Geschwindigkeit von 3 bis 4 km/h, beim Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, bei leichter körperlicher Arbeit, Beschwerden haben und wenn bei ihnen pathologische Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt wenigstens 2 Minuten lang auftreten.
5 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9.2.2017 – L 13 SB 10/15 – juris, Rn. 5, 13, 26. Im zu entscheidenden Fall, war die dortige Klägerin als nicht in der Lage angesehen worden, ohne erhebliche Schwierigkeiten, Wegstrecken im Ortsverkehr, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden können, zu bewältigen. Zwar konnte sie objektiv noch 2000 Meter innerhalb von 30 bis 40 Minuten zu Fuß gehen, allerdings war sie aufgrund der erheblichen Gedächtnisstörungen, die sich in Orientierungsstörungen äußerten, nicht in der Lage sich zielgerichtet auf Wegstrecken zu Fuß in dem besagten Zeitraum zu bewegen. Sie konnte sich im Straßenverkehr und auf Wegen, die sie nicht täglich benutzt, nur schwer zurechtfinden. Ihr Alt- und Neugedächtnis war deutlich gestört. Ihr Konzentrationsvermögen war stark herabgesetzt. Im öffentlichen Straßenraum verlor sie die Orientierung und geriet in Panik. Hier liege auf der Hand, dass sich die Klägerin wegen der Merk- und Orientierungsstörungen im Straßenverkehr in Gefahr für sich selbst bringen würde.
6 Diesbezüglich gilt, dass wenn der Gesamt-GdB auf orthopädischem Gebiet nur 70 beträgt, dass in einem solchen Fall kein Merkzeichen „aG“ zu vergeben ist, insbesondere dann nicht, wenn der Kläger nicht vom ersten Schritt an auf einen Rollstuhl angewiesen ist (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.3.2020 – L 13 SB 115/18 – juris, Rn. 59 und das LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.6.2015 – L 7 SB 12/14 – juris, Rn. 28).
7 Vgl. dazu LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 15.6.2020 – L 7 SB 27/20 B ER – juris, Rn. 37. Andere sind noch restriktiver und führen aus, dass auch kein Merkzeichen „aG“ zu vergeben ist, wenn der Schwerbehinderte Mensch Wegstrecken von 30 bis 50 m zurücklegen kann und erst danach eine Pause einlegen muss. Siehe dazu LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.6.2015 – L 7 SB 12/ 14 – juris, Rn. 28.
8 Siehe Gesetzesbegründung zur erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung BT-Drs. 18/9522, S. 318.
9 Dieser Fall ist angelehnt, an das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.6.2015 – L 7 SB 12/14 – juris, Rn. 28.
10 Hier wurde zurückgegriffen auf das LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.8.2005 – L 7 SB 176/04 – juris, Rn. 22. Siehe auch LSG Hamburg, Urt. v. 14.5.2019 – L 3 SB 22/17 – juris, Rn. 38, 43.
11 Siehe für das Merkzeichen „G“, SG Aachen, Urt. v. 23.4.2019 – S 12 SB 656/ 17 – juris, Rn. 49.
12 Einen ähnlichen Fall – aber ohne Demenz hatte das SG Augsburg, Urt. v. 31.7.2014 – S 8 SB 301/13 – juris, Rn. 8, 24, 35 zu entscheiden. Die Angsterkrankung war einem Anfallsleiden vergleichbar und auch potenziell regelmäßig. Er kann nur vertraute Strecken ohne Zeitdruck bewältigen, nicht aber zur Bushaltestelle gelangen oder eine unvertraute Strecke mit Zeitdruck schaffen. Hier stehen ihm die Merkzeichen „G“ und „B“ zu.
13 Vgl. § 14 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
14 Siehe dazu BSG, Urt. v. 12.2.2003 – B 9 SB 1/02 R – br 2003, 148 = juris, Rn. 12, siehe auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. V. 11.5.2022 – L 13 SB 97/20 – juris, Rn. 26.
15 Vgl. dazu BSG, Urt. v. 29.8.1990 – 9a/9 RV 7/89 – br 1991, 454 = juris, Rn. 16; BSG, Urt. v. 12.2.2003 – B 9 SB 1/02 R – br 2003, 148 = juris, Rn. 15, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 11.5.2022 – L 13 SB 97/20 – juris, Rn. 27.
16 Vgl. SG Aachen, Urt. v. 23.4.2019 – S 12 SB 656/17 – juris, Rn. 44 ff. Siehe auch BSG, Beschl. v. 27.12.2018 – B 9 SB 5/18 BH –juris, Rn. 2, 5.
17 Der Fall ist angelehnt an das Urteil des LSG Baden-Württemberg v. 26.7.2021 – L 3 SB 696/21 – juris, Rn. 48 f.
18 Bei der Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 ist die Richtlinie der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) heranzuziehen, die hierzu verschiedene Fallgruppen enthält, vgl. dazu Bay. LSG, Urt. v. 19.12.2016 – L 15 BL 9/ 14 – juris, Rn. 43 ff.
19 Siehe BSG, Urt. v. 11.8.2015, B 9 BL 1/14 R – br 2015, 181 = juris, Rn. 17, 21 f., 26. Es ist auch aufgrund von Erkenntnisschwierigkeiten nicht mehr erforderlich, dass nachgewiesen wird, dass eine schwere Störung des Sehvermögens vorliegt und damit die visuelle Wahrnehmung deutlich stärker betroffen ist, als die Wahrnehmung anderer Sinneswahrnehmungen z.B. des Hörvermögens oder des Tastsinns.
20 Vgl. dazu Bay. LSG, Urt. v. 19.12.2016 – L 15 BL 9/14 – juris, Rn. 27, 65, 67. Dies gilt, wenn der Sehvorgang selbst betroffen ist oder die Beeinträchtigung der visuellen Fähigkeiten durch allgemeine Störungen hervorgerufen wird. Daher reicht es sogar, wenn eigentlich nicht der Sehvorgang betroffen ist, sondern die Verminderung oder Aufhebung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit nur durch eine allgemeine Beeinträchtigung wie eine schwere Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörung verursacht wird. Denn ob eine Sehstörung tatsächlich vorliegt, lässt sich gerade bei schwerstbehinderten Menschen aufgrund mangelnder geeigneter Untersuchungsmethoden kaum feststellen.