IFD können von Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern beauftragt werden (§ 194 SGB IX). Hauptauftraggeber sind in ca. 90 % der Fälle die Integrationsämter3. Diese haben auch die Strukturverantwortung für die IFD. Das heißt sie sorgen dafür, dass das komplette Dienstleistungsangebot der IFD nach § 193 SGB IX den Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern zur Verfügung steht (§ 2 Abs. 2 GE IFD). Zudem legen sie Näheres u.a. zur Beauftragung, Zusammenarbeit, Dokumentation und Qualitätssicherung fest und schließen hierfür mit dem IFD einen Grundvertrag für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren (§ 2 Abs. 1 GE IFD).4
Für die Beauftragung durch die Rehabilitationsträger vereinbart die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) mit den Rehabilitationsträgern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 SGB IX – unter Beteiligung der maßgeblichen Verbände5 – die Gemeinsame Empfehlung „Integrationsfachdienste“ (§ 196 Abs. 3 SGB IX, 26 Abs. 6, 7 SGB IX). Ein Ziel dieser Gemeinsamen Empfehlung IFD ist es, durch übergreifende gesetzliche Konkretisierungen und Vereinbarungen u.a. die Beauftragung und Finanzierung von IFD einheitlich zu gestalten. Einige zentrale Inhalte der GE IFD werden im Folgenden vorgestellt, nachdem zunächst das Instrument GE kurz erläutert wird
Gemeinsame Empfehlungen nach § 26 SGB IX
Gemeinsame Empfehlungen (GE) sind ein gesetzlich vorgeschriebenes Instrument zur Sicherung und Stärkung der Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger (siehe u.a. §§ 25, 26 und auch §§ 37 Abs. 1, 51 Abs. 1, 196 Abs. 3 SGB IX).6 In GE erfolgt i.d.R. eine Abstimmung und Konkretisierung zu gesetzlich vorgegebenen Regelungsgegenständen des SGB IX, z.B. zu Grundsätzen der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs oder zur einheitlichen Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens. Die Er- und Überarbeitung von GE erfolgt auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR). Das Verfahren ist in § 26 SGB IX geregelt und in Verfahrensgrundsätzen konkretisiert.7
Vereinbarungspartner von GE sind grundsätzlich die Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX. Darüber hinaus benennt der Gesetzgeber in bestimmten Fällen weitere Vereinbarungspartner, z.B. die Integrationsämter vertreten über die BIH (vgl. § 196 Abs. 3 und § 55 Abs. 6 SGB IX). Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB IX an den GE und können diesen beitreten (§ 26 Abs. 5 Satz 2 SGB IX). Mit ihrem Beitritt werden sie ebenfalls Vereinbarungspartner.
Beteiligt an der Er- und Überarbeitung von GE sind neben den Vereinbarungspartnern auch Vertreter:innen von Menschen mit Behinderungen und weitere maßgebliche Verbände, z.B. Verbände von Leistungserbringern. Das Verfahren beinhaltet neben der Erarbeitung von Inhalten in der Fachgruppe ein so genanntes Beteiligungsverfahren, bei dem u.a. Verbände von Menschen mit Behinderungen als auch der bzw. die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) beteiligt werden. Anschließend erteilen die Vereinbarungspartner ihre Zustimmung zur Vereinbarung. Mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den zuständigen Ministerien der Länder wird das Benehmen hergestellt. Sollte eine GE nicht vereinbart werden, hat das BMAS unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eine Rechtsverordnung zu erlassen (§ 27 SGB IX).
In § 26 Abs. 8 SGB IX ist eine Berichterstattung der Rehabilitationsträger zu den GE vorgesehen. Alle zwei Jahre teilen die Rehabilitationsträger der BAR ihre Erfahrungen mit den GE mit.8 Die Ergebnisse werden in einem Bericht zusammengestellt und dem BMAS sowie den Ländern zur Verfügung gestellt, eine Veröffentlichung erfolgt auf der BAR-Website.9 Die im Bericht genannten Verbesserungsbedarfe werden bei anstehenden Überarbeitungen der GE aufgegriffen
Gemeinsame Empfehlung „Integrationsfachdienste“
In § 196 Abs. 3 SGB IX ist die Verpflichtung zur Vereinbarung der Gemeinsamen Empfehlung „Integrationsfachdienste“ (GE IFD) hinterlegt. Inhalt sind Vereinbarungen zur Inanspruchnahme der IFD durch die Rehabilitationsträger, zur Zusammenarbeit und zur Finanzierung der Kosten.
Zum 1.4.2005 ist die GE IFD erstmalig in Kraft getreten. Mit der Vereinbarung der GE IFD stieg auch die Zahl der Beauftragungen durch die Rehabilitationsträger deutlich an – von 920 Fällen (2004) auf 3257 Fälle (2005).10 Zuletzt wurde die GE IFD 2021/2022 überarbeitet und ist zum 1.8.2022 in Kraft getreten.11
Bei der letzten Überarbeitung wurden die zwischenzeitlich geänderten gesetzlichen Regelungen, z.B. durch das Bundesteilhabegesetz und Teilhabestärkungsgesetz12 berücksichtigt. Weiterer Überarbeitungsbedarf ergab sich aus den Rückmeldungen der Rehabilitationsträger und Integrationsämter aus dem Erfahrungsbericht über Gemeinsame Empfehlungen 2018/2019. So wurde u.a. Verbesserungsbedarf gesehen, die IFD-Leistung „Fachdienstliche Stellungnahmen“ zu konkretisieren und den Vermittlungsauftrag und die Vermittlungsvergütung im Kontext einer befristeten Probebeschäftigung nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX klarzustellen. Zudem wurde angeregt, die Bekanntheit bzw. Nutzung der GE bei Reha-Trägern zu verbessern und die Vergütungspauschalen zu überprüfen und ggf. anzupassen.13
Ziel der Überarbeitung war es, die Regelungen der GE insgesamt zu konkretisieren und praxisnäher zu gestalten, um so eine breitere Nutzung der GE zu fördern. Zentrale inhaltliche überarbeitete Aspekte sind z.B. die Zielgruppe der IFD, die Beauftragung von IFD und die Zusammenarbeit von Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern auf Bundesebene.
Zielgruppe der IFD
Die IFD sind in Teil 3 des SGB IX und damit bei den „[b]esondere[n] Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)“ verankert. Die Regelungen dieses Teils gelten für Menschen mit Schwerbehinderung und ihnen gleichgestellte Menschen mit Behinderungen (§ 151 SGB IX). In der Praxis kommt es gelegentlich zu der Auffassung, dass IFD nur für Menschen mit Schwerbehinderung tätig werden.14
Die Einzelfall-Beauftragung eines IFD durch die Integrationsämter erfolgt im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben (vgl. § 185 Abs. 2 Satz 5, Abs. 3 Nr. 3 SGB IX). Durch diese Hilfe sollen Menschen mit Schwerbehinderung
– in ihrer sozialen Stellung nicht absinken,
– auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können und
– in die Lage versetzt werden, sich am Arbeitsplatz im Wettbewerb mit nicht behinderten Menschen zu behaupten.
Die Regelungen für die IFD sind in §§ 192–198 SGB IX verankert. In § 192 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen als Zielgruppe genannt. Damit geht jedoch nicht die regelhafte Nutzung des IFD für Menschen mit Schwerbehinderung einher. Vielmehr wird die Zielgruppe in Abs. 2 mit Beispielen konkretisiert und dort werden schwerbehinderte Menschen mit einem besonderen Bedarf an arbeits- und berufsbegleitender Unterstützung genannt (§ 192 Abs. 2 Nr. 1). Dieser besondere Bedarf wird in Absatz 3 aufgegriffen und liegt z.B. vor bei schwerbehinderten Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung, die sich im Arbeitsleben besonders nachteilig auswirkt und allein oder zusammen mit weiteren vermittlungshemmenden Umständen (Alter, Langzeitarbeitslosigkeit, unzureichende Qualifikation, Leistungsminderung) die Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erschwert. Darüber hinaus werden in § 192 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB IX schwerbehinderte Menschen im Übergang von einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und schwerbehinderte Schulabgänger genannt, die jeweils auf Unterstützung des IFD angewiesen sind. Absatz 4 erweitert den Personenkreis um Menschen ohne Schwerbehinderung, insbesondere Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer seelischen Behinderung bedrohte Menschen. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber, dass bei Menschen mit seelischen Behinderungen oftmals keine anerkannte Schwerbehinderung festgestellt oder gegeben ist und diese Personengruppe andere Bedürfnisse hat als die in Absatz 2 genannten Personengruppen.15 Eine Beauftragung eines IFD ist damit, insbesondere nach § 49 Abs. 6 Satz 2 Nr. 9 SGB IX, auch ohne Vorliegen einer anerkannten Schwerbehinderung möglich.
Die Rehabilitationsträger beauftragen IFD auf Grundlage von § 49 Abs. 6 Satz 2 Nr. 9 i.V.m. § 193 SGB IX und damit als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind in Teil 1 des SGB IX – „Regelungen für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen“ – verankert und werden erbracht, „um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern“ (§ 49 Abs. 1 SGB IX). Der Gesetzgeber nennt als Zielgruppe ausdrücklich Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich die Leistungen der IFD an Menschen mit Behinderungen und einem besonderen Bedarf an arbeits- und berufsbegleitender Unterstützung richten (vgl. u.a. § 5 Abs. 1 GE IFD). In § 3 Abs. 2 GE IFD wurde konkretisiert, dass es bei einer Beauftragung durch Rehabilitationsträger insofern unerheblich ist, ob eine anerkannte Schwerbehinderung vorliegt oder nicht, womit auch eine transparente Handlungsgrundlage für die Fachkräfte in der Praxis vorliegt.
Anlässe für eine Beauftragung
Um zu verdeutlichen, wann eine Beauftragung eines IFD besonders zielführend ist, wurden in § 5 GE IFD exemplarisch Anlässe für eine Beauftragung verankert. So kann die Einschaltung des IFD bei der Gestaltung und Begleitung von Übergängen geeignet sein, zum Beispiel von der Schule in die Ausbildung oder von einer medizinischen Rehabilitation auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Auch denkbar ist die Beauftragung des IFD bei einem Bedarf an Krisenintervention oder psychosozialer Unterstützung.
Nicht Gegenstand der GE IFD ist die Beauftragung eines IFD bei einer Unterstützung im Rahmen eines Budgets für Arbeit oder eines Budgets für Ausbildung (§ 5 Abs. 3 GE IFD). Sowohl beim Budget für Arbeit als auch beim Budget für Ausbildung sind eine Anleitung und Begleitung am Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz vorgesehen (vgl. §§ 61, 61 a SGB IX). Hierfür können z.B. IFD geeignete Dienstleister sein.16 Die Beauftragung erfolgt im Rahmen der §§ 61, 61 a SGB IX und nicht im Rahmen der GE IFD. Eine Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeits- oder Ausbildungsplatz ist dagegen beim Budget für Arbeit nicht als Bestandteil der Leistung vorgesehen. Dass eine solche Unterstützung durchaus sinnvoll ist, zeigen verschiedene Veröffentlichungen.17 Grundsätzlich ist auch hier eine Einzelfallbeauftragung eines IFD denkbar. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe (BAGüS) spricht die Empfehlung aus, dass insbesondere zur Begleitung der Übergänge aus Werkstätten für behinderte Menschen der IFD möglichst frühzeitig eingebunden werden soll.18 Dies würde ggf. auch auf ein Budget für Arbeit zutreffen.
Beauftragung von IFD
IFD stellen ein niederschwelliges Angebot dar. Menschen mit Behinderungen sollen möglichst frühzeitig und unbürokratisch Beratung und Unterstützung erhalten (§ 6 Abs. 1 GE IFD). Beim ersten Kontakt erfolgt i.d.R. eine Klärung, um welches Anliegen es sich handelt und wer zuständig ist (§ 6 Abs. 2 GE IFD). Dieses erfolgt im Rahmen der Strukturverantwortung der Integrationsämter. Der qualifizierte Beratungsprozess erfolgt dann nur im Rahmen einer Einzelfallbeauftragung durch einen Rehabilitationsträger oder ein Integrationsamt (§ 6 Abs. 2 und 3 GE IFD). Bei der Beauftragung wird dann auch die Art, der Umfang und die Dauer der Unterstützung konkretisiert.
Beauftragt werden können IFD mit der Vermittlung von Menschen mit Behinderungen auf einen passenden, gesundheitsgerechten Arbeits- oder Ausbildungsplatz, der Sicherung von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen oder fachdienstlichen Stellungnahmen als Grundlage für sozialrechtliche Verwaltungsentscheidungen (§ 7 GE IFD). Hierfür sind in der Anlage die Vergütungssätze aufgeführt, die regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Die Vergütungspauschalen wurden zuletzt 2016 grundlegend überarbeitet und neu gestaltet hin zu einer kostendeckenden Finanzierung des Einzelfallauftrags. Bei der letzten Aktualisierung wurden die Vergütungspauschalen von 2016 um 10 % erhöht, angelehnt an die Inflationsrate des Statistischen Bundesamtes (vgl. Anlage GE IFD).
Arbeitsschwerpunkt der IFD ist die Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen. Von den Integrationsämtern wurden IFD 2018 in 45 733 Fällen mit der Arbeitsplatzsicherung und 1511 Fällen mit der Vermittlung beauftragt.19 Dagegen werden IFD von Rehabilitationsträgern eher selten mit der Arbeitsplatzsicherung beauftragt. So waren es 2018 3230 Vermittlungsaufträge und lediglich 253 Sicherungsaufträge.20 Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die Leistung der Arbeitsplatzsicherung bei Rehabilitationsträgern nicht in allen Regionen bei Rehabilitationsträgern bekannt ist.21 Um insbesondere diese Leistung bekannter zu machen, wurden die entsprechenden Regelungen in der GE IFD konkretisiert und vor allem die Inhalte der Leistung vertieft aufgenommen. Bei der Arbeitsplatzsicherung umfasst die Unterstützung z.B. die Anleitung und Begleitung am Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder die Beratung bei Veränderungen der Arbeitsbedingungen (§ 7 Abs. 3 GE IFD). Beratungsfachkräfte bei Rehabilitationsträgern sollen damit eine Idee bekommen, wann sie den IFD beauftragen können. Bei der fachdienstlichen Stellungnahme (FDS) wurden mögliche Fragestellungen beispielhaft aufgegriffen (§ 7 Abs 4 GE IFD).
Angeknüpft wurde bei der Überarbeitung der GE IFD ebenfalls an den Hinweis aus dem Erfahrungsbericht 2018/2019, den Vermittlungsauftrag und die Vermittlungsvergütung im Kontext einer befristeten Probebeschäftigung nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX zu konkretisieren. Dieser Aspekt wurde im Zusammenhang mit den Vergütungspauschalen aufgegriffen und geregelt, dass der Vermittlungsauftrag im Rahmen einer Probebeschäftigung weiterläuft und – sofern diese zu einer Festanstellung führt – die erste Sicherungsprämie nachträglich gezahlt wird (vgl. Anlage GE IFD Abs. 3).
In der GE IFD wurde zudem konkretisiert, dass die Leistungen des IFD auch als Persönliches Budget nach § 29 SGB IX in Anspruch genommen werden können (§ 7 Abs. 6 GE IFD). Es ist unbestritten, dass es sich bei der Inanspruchnahme des IFD mit der Vermittlung oder Sicherung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes grundsätzlich um eine budgetfähige Leistung handelt. Dagegen eignen sich Leistungen an Arbeitgeber, z.B. zur behindertengerechten Einrichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Menschen mit Schwerbehinderung, nicht für das Persönliche Budget. Die neue dahingehende Vereinbarung trägt zur Transparenz bei.
Mit der Unterscheidung zwischen Beauftragungswegen und Beauftragungsinhalten wurde die Gliederung der GE IFD neu gestaltet. Auch wurde verdeutlicht, dass IFD auch bei der Vermittlung und Sicherung von Ausbildungsplätzen beauftragt werden können.
Zusammenarbeit von Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern auf Bundesebene
Neu gestaltet wurde die Zusammenarbeit auf Bundes- und Landesebene. Die zuletzt in der GE verankerten örtlichen Koordinierungsausschüsse und Landeskoordinierungsausschüsse konnten kaum Wirkung entfalten. So berichtete die BIH im Erfahrungsbericht Gemeinsame Empfehlungen 2016/ 2017, dass „ein Landeskoordierungsausschuss in einem Teil der Bundesländer bestehe und kaum unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit vor Ort habe“. Auch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) haben eine positive Rolle der Landeskoordinierungsausschüsse verneint. Lediglich die Bundesagentur für Arbeit (BA) berichtete, dass die Landeskoordinierungsausschüsse, zumindest dort, wo es sie gibt, Transparenz geschaffen haben. Die in der GE IFD von 2016 verankerten örtlichen Koordinierungsausschüsse beständen sogar nur auf Arbeitsagenturebene, nicht hingegen auf trägerübergreifender Ebene.22
Um die Koordinierungsausschüsse und vor allem den Austausch zur Umsetzung der GE IFD in der Praxis zu fördern, wurde der „Koordinierungsausschuss IFD“ auf Bundesebene vereinbart (§ 9 Abs. 1 GE IFD). Dieser hat u.a. die Aufgabe sich über Entwicklungen der IFD, die Auslastung, den Zugang und die Vergütungssätze auszutauschen und so Verbesserungen, z.B. zur Auftragslage, zu identifizieren. Die Ergebnisse werden über die Mitglieder des Koordinierungsausschusses in die Organisationen, Länder und Regionen gebracht. Eingeladen werden die Rehabilitationsträger und Integrationsämter sowie Expertinnen und Experten und weitere Akteure. Der Landeskoordinierungsausschuss wurde beibehalten und soll durch die Verbindung zum Bundeskoordinierungsausschuss noch besser genutzt werden. Anstelle von örtlichen Koordinierungsausschüssen wurde in der GE auf andere, bereits etablierte, regionale Austauschformate gesetzt (vgl. § 9 Abs. 3 GE IFD).
Über die Koordinierungsausschüsse hinaus wurde die Möglichkeit vereinbart, dass Rehabilitationsträger, Integrationsämter und IFD gemeinsam Schulungsveranstaltungen durchführen (§ 9 Abs. 4 GE IFD). Die Schulungsangebote sollen das gemeinsame Verständnis und damit auch die Zusammenarbeit vor Ort verbessern.
Mit dem neuen Austauschformat und der Verankerung von Schulungsangeboten ist eine Grundlage geschaffen, die Zusammenarbeit der Akteure zu verbessern und das Instrument IFD im Sinne einer gelingenden Inklusion weiterzuentwickeln.
Arbeitsmarktexpertise
Das Angebot der IFD ist seit Jahren auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere bei Arbeitgebern etabliert. Besonders bei der Sicherung von Beschäftigungsverhältnissen wird der Erfolg der IFD deutlich. So liegt nach Angaben der BIH die Quote der erfolgreich gesicherten Arbeitsverhältnisse regelmäßig bei über 80 %, 2020 bei 85 %, und damit seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau.23
Die Arbeitsmarktexpertise der IFD hat auch der Gesetzgeber erkannt. Mit dem Teilhabestärkungsgesetz wurden zum 1.1.2022 „Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber“ (EAA) eingeführt, für die IFD oder andere geeignete Träger durch die Integrationsämter beauftragt werden (§ 185 a SGB IX). EAA haben nach § 185 a SGB IX die Aufgabe, Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu informieren, zu beraten und zu unterstützen. Hierfür ist es für den Gesetzgeber erforderlich, dass EAA die Bedürfnisse der Arbeitgeber kennen, ihre Sprache sprechen, eine besondere Betriebsnähe aufweisen und regional sehr gut vernetzt sind.24
Diese mögliche Aufgabe wurde auch in § 193 Abs. 2 Nr. 9 SGB IX bei den IFD verankert. Insbesondere die langjährige Erfahrung in der Beratung von Arbeitgebern wurde hier berücksichtigt. Regelungen zu den EAA werden nicht in der GE aufgegriffen, jedoch wurde in § 4 Abs. 3 GE IFD die Schnittstelle verdeutlicht. So sollen Integrationsämter eine Zusammenarbeit der IFD und EAA sicherstellen. Weitere Regelungen zu EAA sind nicht Gegenstand der GE, werden aber z.B. in Empfehlungen der BIH konkretisiert.25
Blick nach vorne
Die Ziele der Überarbeitung, insbesondere die GE konkreter und transparenter zu gestalten, wurden durch die konstruktive Zusammenarbeit der Vereinbarungspartner erreicht. Mit Inkrafttreten der GE IFD zum 1.8.2022 ist es nun Aufgabe aller Beteiligten, die Vereinbarung in die Organisationen und Praxis zu bringen und die Leistungen der IFD für die Vermittlung und Sicherung von Arbeitsplätzen dann zu nutzen, wenn Menschen mit Behinderungen davon profitieren können. Dabei gilt es nun die aktualisierten Regelungen der GE IFD bei den einzelnen Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern bekannt zu machen und ggf. in interne Weisungen oder ins Intranet zu überführen.
Mit der Überarbeitung der GE IFD und der Stärkung der Zusammenarbeit auf Bundesebene wurde der Grundstein gelegt, die IFD weiterzuentwickeln und auch im Sinne der Rehabilitationsträger für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu nutzen. Dies ist auch erforderlich, denn die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Schwerbehinderung ist erheblich geringer als von Menschen ohne Schwerbehinderung26. So gelingt es z.B. Arbeitslosen mit einer Schwerbehinderung seltener im Vergleich zu Menschen ohne Schwerbehinderung eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufzunehmen. Die Ergebnisse lassen sich auch auf Menschen mit Behinderungen insgesamt übertragen. So waren 2017 53 % der Menschen mit Beeinträchtigungen erwerbstätig, während es bei Menschen ohne Beeinträchtigungen 81 % waren.27 IFD können mit ihrem Angebot einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Behinderungen leisten. Durch eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten können die Impulse für die IFD und vor allem für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen genutzt werden.
Anmerkungen
1 Vgl. BIH, 2021, BIH Jahresbericht 2020|2021, 25.
2 Zur Entwicklung des Instruments IFD, insbesondere seit 2012, vgl. u.a. Ernst/ Deusch, br 2014, 43 – 49.
3 BIH. 2021, BIH Jahresbericht 2020 | 2021, 25.
4 Zur Strukturverantwortung der IFD vgl. Adlhoch, br 2004, 134–138.
5 Interessenvertretung für die IFD und maßgeblicher Verband ist die Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung (BAG UB).
6 Eine Übersicht der Gemeinsamen Empfehlungen ist zu finden unter: www.bar- frankfurt.de > themen > gemeinsame-empfehlungen > zu-den-gemeinsamenempfehlungen.
7 BAR, 2019, Verfahrensgrundsätze für Gemeinsame Empfehlungen.
8 Zum Verfahren vgl. BAR 2019, Verfahrensgrundsätze für Gemeinsame Empfehlungen, Anlage 3.
9 Erfahrungsberichte über Gemeinsame Empfehlungen www.bar-frankfurt.de > Themen > Gemeinsame Empfehlungen > Erfahrungsberichte.
10 Vgl. Ernst/Deusch, br 2014, 46.
11 Vgl. BAR, 2022, Gemeinsame Empfehlung „Integrationsfachdienste“.
12 Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, BGBl 2016 I, 66 und Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe, BGBl 2021 I 29, 1388.
13 BAR, 2020, Erfahrungsbericht GE 2018/2019, 98.
14 Vgl. BAR, 2022, Erfahrungsbericht GE 2020/2021, 74.
15 Simon in JurisPK-SGB IX, § 192, Rn. 17.
16 Vgl. u.a. BT-Drs. 18/9954, S. 64; Luik in: JurisPK-SGB IX, § 61, Rn. 57, 58.
17 Vgl. u.a. Schmidt, 2021, Beitrag D4-2021 unter www.reha-recht.de, S. 3; Mattern, 2021, Beitrag D9-2021 unter www.reha-recht.de, S. 11.
18 Vgl. BAGüS, 2021, Werkstattempfehlungen, 29.9.2 Abs. 7.
19 Ebd.
20 BIH, 2019, Integrationsfachdienste (IFD). Entwicklung 2014–2018, 9.
21 Vgl. u.a. BAR, 2022, Erfahrungsbericht GE 2020/2021, 74.
22 BAR, 2018, Erfahrungsbericht GE 2016/2017, 29.
23 BIH, 2021, Jahresbericht 2020 I 2021, 26.
24 Vgl. Drucksache 19/28834, S. 58., vgl auch Baar, neuer Service für Arbeitgeber: Einheitliche Ansprechstellen nach § 185 a SGB IX, br 2022, 29.
25 Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) zu Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber nach § 185 a SGB IX i.V.m. §§ 14 Abs. 1 Nr. 2, 27 a Abs. 2, 36 S. 1 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV).
26 Bundesagentur für Arbeit, 2022, Arbeitsmarktsituation schwerbehinderter Menschen 2021, 4.
27 Vgl. hierzu auch BMAS, 2021, Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung, S. 215; Aktion Mensch, 2021, Inklusionsbarometer Arbeit, S. 32.