RICHARD BOORBERG VERLAG

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17.07.2018

Prof. Marcel Kuhlmey

Komplexe Konfliktsituation

Gewalt gegen Polizeibeamte, Rettungskräfte und Angehörige von Hilfsorganisationen

Daniel Etzold - stock.adobe.com

Polizeibeamte, Rettungskräfte und Angehörige von Hilfsorganisationen sind zunehmend Opfer von Gewalt. Nach der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) sind im Jahr 2015 64.371 Polizisten Opfer von Straftaten geworden (2014: 62.770). Für die Rettungsdienste und Hilfsorganisationen liegen keine verlässlichen Informationen zu. Alle Einsatzkräfte riskieren Gesundheit und Leben, um den Rechtsstaat zu verteidigen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2017 mit einer Gesetzesänderung auf diese Entwicklung reagiert

Entwicklung

Polizeibeamte und auch zunehmend Rettungskräfte sowie Hilfsorganisationen werden bei der Ausübung ihres Dienstes nicht als Individualpersonen angegriffen, sondern als Repräsentanten der staatlichen Gewalt. Bei der Interpretation der Statistik muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass es sich um eine Aufhellung des Dunkelfeldes handeln könnte, da die Definitionsmacht bei der Polizei, den Rettungsdiensten oder den Hilfsorganisationen liegt. Sie entscheiden, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht. Somit entscheiden sie auch, ob die Wahrnehmung der Gewalt in der Öffentlichkeit steigt oder nicht. Es handelt sich um eine komplexe Konfliktsituation, die ein erhebliches Interaktionsgeschehen aufweist. Das Ereignis selbst nehmen beide Seiten unterschiedlich wahr und interpretieren den Anlass auch entgegengesetzt. Der Verlauf des Ereignisses kann auch maßgeblich vom Auftreten der Einsatzkräfte und der bestehenden Einsatzkonzepte abhängen. Schnelleres und konsequentes Auftreten kann auch zu mehr Gegenwehr führen und somit die Zahl der Widerstandshandlungen erhöhen.

Täter

Erkenntnisse zu den Tätern liegen begrenzt nur in Bezug auf Polizeibeamte vor. Eine Studie aus dem Jahr 2010 in Bezug auf Polizeibeamte kam zu folgenden Erkenntnissen:

– Die Täter handeln meist alleine.

– Motiv ist die Feindschaft gegenüber der Polizei und dem Staat. Dies ist nicht personalisiert.

– Der Anteil von Übergriffen unter Alkoholeinfluss ist gestiegen.

– Zweidrittel der Angriffe erfolgen durch bereits polizeibekannte Täter.

​– Zwei von fünf Tätern haben einen Migrationshintergrund.

Zusammengefasst scheinen die Übergriffe damit vergleichsweise selten gegen den Beamten infolge einer persönlichen Differenz zu erfolgen. Vielmehr stellt die Rolle bzw. Funktion des Beamten als Vertreter des staatlichen Gewaltmonopols das vorrangigste Motiv für die Angreifer dar...[mehr]

 

Quelle: https://publicus.boorberg.de/komplexe-konfliktsituation/

Prof. Marcel Kuhlmey