RICHARD BOORBERG VERLAG

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22.03.2023

WEG-Novelle: Vertreterklauseln bleiben wirksam

Wohnungseigentümerin hatte mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung angefochten

Die Einschränkung des Kreises der möglichen Bevollmächtigten in der Gemeinschaftsordnung ist nicht rechtswidrig. Die Befugnis sich durch jeden Dritten auf einer Wohnungseigentümerversammlung vertreten zu lassen, kann durch die Gemeinschaftsordnung eingeschränkt werden.

Die Richter der Berufungskammer beim Landgericht Frankfurt erhielten eine Berufung einer Wohnungseigentümerin, die mehrere Beschlüsse angefochten hatte, die ihre Miteigentümer bei einer Versammlung gefasst hatten. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Bevollmächtigung ihres Mietverwalters, an ihrer Stelle an der Versammlung teilzunehmen. Das wurde ihm vom Versammlungsleiter unter Hinweis auf die Regelungen der Gemeinschaftsordnung versagt. In § 10 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung aus dem Jahre 1993 war formuliert: „Ein Wohnungseigentümer kann sich (in einer Wohnungseigentümerversammlung) nur durch seinen Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft oder einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen“. Die Wohnungseigentümerin vertrat die Auffassung, dass die Regelung unwirksam sei und sie zudem durch ihren Verwalter vertreten worden sei. Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Berufungskammer wies die Berufung mit einstimmigen Beschluss vom 10.11.2022 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Die Berufung habe keine Aussicht auf Erfolg.

 

Die Auslegung der Teilungserklärung ergäbe, dass mit „Verwalter“ nicht der Sondereigentums- bzw. Mietverwalter gemeint sei, sondern der nach § 26 WEG bestellte WEG-Verwalter. Die Einschränkung des Kreises der möglichen Bevollmächtigten in der Gemeinschaftsordnung sei zudem nicht rechtswidrig. Die Befugnis sich durch jeden Dritten auf einer Wohnungseigentümerversammlung vertreten zu lassen, könne durch die Gemeinschaftsordnung eingeschränkt werden, vgl. BGH-Urteil vom 28.6.2019, V ZR 250/18 – ZIV 2019, 75. Die Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 1.12.2020 stehe dieser Regelung nicht entgegen, § 47 WEG. Weder die vormalige gesetzliche Regelung noch die aktuelle Fassung des Wohnungseigentumsgesetzes würden insoweit eine Regelung vorsehen. Die erforderliche Konfliktsituation zwischen Regelungen einer Gemeinschaftsordnung nach altem Recht und modernisierten WEG bestehe daher nicht.

 

In der Rechtsprechung sei allerdings anerkannt, dass besondere Umstände nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine in der Teilungserklärung nicht formulierte Ausnahme eröffnen könnten, von der Vertreterklausel nicht erfasste Vertreter ausnahmsweise zuzulassen, etwa um erhebliche Spannungen in einer kleinen Gemeinschaft zu vermeiden (OLG Braunschweig, WE 1991, 107) oder wenn von der Vertreterklausel zugelassene Vertreter wegen einer Interessenkollision für den Vertretenen unzumutbar wären (OLG Karlsruhe, OLGZ 1976, 273). Da diese oder entsprechende Ausnahmesachverhalte nicht gegeben waren, sei die Zurückweisung des Sondereigentumsverwalters rechtmäßig erfolgt, 2-13 S 54/22, WUM 2023, 61.

Quelle:
Zeitschrift für Immobilienverwaltungsrecht (ZIV) 1/2023, S.7