RICHARD BOORBERG VERLAG

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06.03.2019

Uta Berndt-Benecke

Weitere Geschlechtskategorie gesetzlich verankert

Die Angabe „divers“ im Geburtenregister

M.Drr & M.Frommherz - stock.adob

Mit dem „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18.12.2018 (BGBl I S. 2635)“ schafft der Gesetzgeber die vom BVerfG geforderte positive Geschlechtsbezeichnung für intersexuelle Menschen.

Hintergrund und Historie

Wird in Deutschland ein Kind geboren, ist sein Geschlecht nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Personenstandsgesetz (PStG) im Geburtenregister festzuhalten. Sind die äußeren Geschlechtsmerkmale des Kindes nicht eindeutig männlich oder eindeutig weiblich, spricht man von einem intersexuellen Kind oder von einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung. Nach der auf der Konsensuskonferenz in Chicago festgelegten Terminologie liegt eine Variante der Geschlechtsentwicklung vor, wenn die Geschlechtschromosomen, das Genitale oder die Gonaden inkongruent sind. In diesen Fällen konnte die Geburt des Kindes bereits nach § 22 Abs. 3 PStG a.F. ohne eine Geschlechtsangabe beurkundet werden. Die Regelung wurde auf Empfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2013 geschaffen, um sich den Problemstellungen des deutschen Ethikrates zum Thema „Intersexualität“ anzunehmen.

Im Juli 2014 beantragte eine erwachsene intersexuelle Person unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 3 PStG a.F. die Änderung ihres Geschlechtseintrags im Geburtenregister auf „inter/divers“ oder „divers“. Sie trug vor, mit einem atypischen Chromosomensatz (sog. Turner-Syndrom) geboren und zunächst als Mädchen im Geburtenregister eingetragen worden zu sein. Tatsächlich fühle sie sich aber dauerhaft weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig. Da der begehrte Eintrag in § 22 Abs. 3 PStG nicht vorgesehen war, lehnten nach dem AG Hannover auch das OLG Celle und der BGH den Antrag ab. Das schließlich angerufene BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 10.10.2017 (I BvR 2019.16) die Unvereinbarkeit von § 21 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 22 Abs. 3 PStG mit dem Grundgesetz festgestellt. Bestünde eine Pflicht zur Beurkundung des Geschlechts im Geburtenregister, würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des Betroffenen verletzt und gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) verstoßen, wenn für Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung kein anderer positiver Geschlechtseintrag neben „weiblich“ oder „männlich“ zugelassen werde. Die in § 22 Abs. 3 PStG vorgesehene Registrierung ohne Geschlechtseintrag würde nicht abbilden, dass sich Betroffene nicht als geschlechtslos begreifen, sondern sich nach eigenem Empfinden in einer Geschlechtskategorie jenseits von männlich und weiblich verorten würden. Es müsse ein positiver Geschlechtseintrag geschaffen werden, da sonst der Eindruck entstehen könne, dass der Geschlechtseintrag nur noch nicht geklärt sei. Alternativ sei aber auch denkbar, auf einen personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag gänzlich zu verzichten.

Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis zum 31.12.2018 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen...[mehr]

Uta Berndt-Benecke
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