In einem aktuellen Urteil hat der EuGH dem Handel mit genutzten E-Books einen Riegel vorgeschoben, wenn keine Erlaubnis des Urhebers vorliegt. Hintergrund des Vorabentscheidungsverfahrens ist das Geschäftsmodell eines virtuellen Marktes für ‚gebrauchte E-Books‘, betrieben vom niederländischen Unternehmen Tom Kabinet.
Die Ausgangssituation
Am 19. Dezember 2019 meldete Spiegel-Online, der Europäische Gerichtshof habe dem Handel mit genutzten E-Books einen Riegel vorgeschoben, wenn keine Erlaubnis des Urhebers vorliege.
Fast gleichzeitig wurde im Zuge des Jahressteuergesetzes 2019 die Umsatzsteuer für E-Books von 19% auf 7% gesenkt, weil die umsatzsteuerliche Spreizung zwischen gedruckten Büchern und E-Books auf einer nicht haltbaren künstlichen Unterscheidung beruhe. Buch sei schließlich im Endeffekt doch Buch.
Ähnlich wurde der Sachverhalt bereits 2016 durch den EuGH eingestuft, wenn es um die Thematik der ‚Onleihe‘ für gedruckte Werke und virtuelle Texte geht. Mit dem Inverkehrbringen und dem Verkauf von Büchern greift der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz und es bleibt dem Käufer unbenommen, die Bücher weiterzuverkaufen, sie auszuleihen oder sonst zu verwerten, solange nicht Urheberrechte angetastet werden. Die Urheber selbst werden noch einmal über Verwertungsgesellschaften, wie die VG Wort, an Fremdnutzungen beteiligt.
Mit dieser grundlegenden Phänomenologie der Verwertungskette des Kulturgutes Buch sind allerdings Sondereffekte der virtuellen Textwelt noch nicht erfasst. Beim gedruckten Buch wird ein Exemplar gekauft und darf dann im Rahmen der eigenen rechtlichen Befugnisse weiterverwertet werden. Beim virtuellen Text ist das anders. Man hat es nicht mit einem händischen Einzelexemplar zu tun, das nur jeweils einmal zur gleichen Zeit in einem Regal stehen kann. E-Formate werden gespeichert und können je nach Ausstattung mit Digital Rights auch mehrfach kopiert und verliehen werden, so dass im schlechtesten Fall die Kontrolle über die Verbreitung der digitalen Kopien verloren geht.
Auch bei der einfach erscheinenden Transaktion ‚Kauf eines Buches‘ ist beim E-Book Vorsicht geboten. Handelt es sich wirklich um einen Kauf, gegebenenfalls um einen Rechtskauf? Mitnichten. ‚Kauf eines E-Books‘ ist die alltagssprachliche Verharmlosung einer bezahlten Lizenzerteilung zum Lesen. Der Lizenzerwerber darf den auf sein Lesegerät downgeloadeten Text lesen. Ob er die Leselizenz unbeschränkt oder zeitlich beschränkt erworben hat, hängt von der Ausgestaltung der Lizenzvereinbarung ab. Gleiches gilt für die Überlegung, ob sein Zugang zum Text nach einer Zeit gesperrt wird, ob eine Löschung erfolgt oder ihm der Text unbeschränkt verbleibt.
Isoliert davon ist zu beurteilen, ob und wie gespeicherte und lizenzierte Texte weitervermittelt, verkauft oder sonst verwertet werden dürfen, ähnlich wie auch ein Eigentümer mit einem gedruckten und gekauften Buch verfahren könnte.
An dieser Stelle unserer Überlegungen treffen wir auf die Rechtssache C-263/18 und die urheberrechtlichen Überlegungen des EuGHs...[mehr]