I. Fragestellung:
Aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie wurden weitreichende Öffnungsverbote oder Betriebsbeschränkungen für Gewerbebetriebe angeordnet. Besonders betroffen sind Hotels, Gaststätten, Veranstaltungsorte und Einzelhändler.
Rechtsgrundlage all dieser Maßnahmen ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die Zuständigkeit für den Erlass von Schutzmaßnahmen nach diesem Gesetz liegt bei den Bundesländern. Aus diesem Grund ergingen deutschlandweit unterschiedliche Bescheide, Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen. Allen diesen Regelungen ist jedoch gemein, dass gewisse Betriebe mit starkem Publikumsverkehr teilweise oder vollständig geschlossen bleiben müssen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Teilweise sind diese Unternehmen aufgrund der angeordneten Maßnahmen bereits von einer Insolvenz bedroht.
Fraglich ist, ob den betroffenen Unternehmen Entschädigungsansprüche gegen das jeweilige Bundesland zustehen.
II. Bisheriger Stand der Debatte
Die wohl überwiegende Anzahl der bisher zu dieser Frage veröffentlichten Artikel und Stellungnahmen kommt zu dem Schluss, dass Entschädigungsansprüche nicht bestehen. Begründet wird dies insbesondere damit, dass es sich um rechtmäßige Maßnahmen handle. Entschädigungsansprüche auf Grund rechtswidrigen Behördenhandels kämen daher nicht in Betracht. Das IfSG sehe zwar durchaus Entschädigungen für rechtmäßige Maßnahmen vor, Betriebsschließungen würden von den Entschädigungsnormen des IfSG jedoch nicht erfasst.
Dabei konzentriert sich die bisherige Debatte auf die (fehlende) Anwendbarkeit des § 65 IfSG. Ein Rückgriff auf § 56 IfSG wird oft mit der kurzen Begründung ausgeschlossen, dieser gewähre nur dann eine Entschädigung, wenn einem Krankheitsverdächtigen die Ausübung seines Berufs untersagt wird oder er sich in Quarantäne begeben muss. Die Schließung von Betrieben – ohne dass ein Krankheitsverdacht vorliegt – begründe hingegen keinen Entschädigungsanspruch gemäß § 56 IfSG...[mehr]