Der Rat der EU für Landwirtschaft und Fischerei hat sich am 15.04.19 in Luxemburg getroffen. Im Rahmen der Sitzung wurde auch über die umstrittene Urheberrechtsreform abgestimmt. Mit 19 Ja-Stimmen zu sechs Nein-Stimmen wurde das Vorhaben bei drei Enthaltungen angenommen. Gegen die Richtlinie stimmten Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Finnland und Schweden. Damit war zwar das Länderquorum für eine Sperrminorität erfüllt, jedoch müssen die dagegen stimmenden Länder zudem mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung hinter sich vereinigen, um eine Richtlinie zu kippen. Bei der jetzigen Abstimmung waren es jedoch lediglich knapp 25 Prozent. Deutschland hätte mit seiner Gegenstimme das Vorhaben noch kippen können. Stattdessen votierte die Bundesregierung nun jedoch dafür.
Bei der Abstimmung im EU-Parlament am 26. März 2019 war die große Koalition noch gespalten gewesen – während die europäische Union (EVP) weit überwiegend dafür gestimmt hat, haben sich die deutschen SPD-Abgeordneten geschlossen dagegen ausgesprochen. Justizministerin Katarina Barley (SPD) hingegen äußerte zwar Bedenken, stimmte der Richtlinie aber sowohl bei einer ersten Ratssitzung vor einigen Wochen als auch jetzt bei der finalen Abstimmung zu.
Warum haben die Agrarminister im Rat abgestimmt?
Bei vielen sorgte es für Verwunderung, dass die finale Abstimmung über die Reform durch die Agrarminister erfolgte. Schließlich hat das Urheberrecht nun wirklich nichts mit Landwirtschaft zu tun.
Der Grund hierfür ist vor allem organisatorischer Natur. Im Rat kommen die Fachminister der einzelnen Mitgliedsländer zusammen. Diese Treffen finden in der Regel jedoch nicht monatlich statt, sondern meist nur drei- bis viermal im Jahr. Für die Urheberrechtsreform wären eigentlich die Justizminister zuständig. Da der nächste Rat der Justizminister jedoch erst im Juni stattfindet, wollte man das Verfahren abkürzen, indem man die Abstimmung über die Richtlinie an den Rat der Landwirtschaftsminister delegiert. Das ist auf EU-Ebene durchaus üblich, da ansonsten Prozesse länger als ohnehin schon dauern würden.
Des Weiteren können auch politische Motive eine Rolle gespielt haben. Schließlich findet am 26. Mai die Europawahl statt und es gibt sicherlich nicht wenige Befürworter der umstrittenen Reform, die die Abstimmung schon vor den Wahlen vom Tisch haben wollen, damit das Thema den Wahlkampf nicht dominiert.
Abgesehen davon sprechen sich die Minister ohnehin vor den Sitzungen ab. In der Regel erteilt dann der zuständige Fachminister dem Minister, der an der Abstimmung teilnimmt, eine Weisung. So war es auch in diesem Fall. Es ist also ein Irrglaube, dass fachfremde Minister ohne jegliche Sachkenntnis über ein Thema abstimmen. Vor der finalen Abstimmung hat die zuständige Bundesjustizministerin Katarina Barley der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Weisung erteilt, der Reform zuzustimmen.
Komplett wird das Abstimmungs-Wirrwarr allerdings dadurch, dass an dem Votum letztlich gar nicht Ministerin Klöckner selbst teilnahm, sondern sich von der deutschen EU-Botschafterin Susanne Szech-Koundouros vertreten ließ. Die Hintergründe hierfür sind unklar...[mehr]