RICHARD BOORBERG VERLAG

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11.08.2020

Abgaben

Beitragserhebung nach Fristablauf?

Zur Rückzahlung einer Vorausleistung im Erschließungsbeitragsrecht

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Dieser Grundsatz hat auch Konsequenzen im Falle von Vorausleistungen. Um zu verhindern, dass Vorausleistungen am Ende zurückgezahlt werden müssen, sollten Gemeinden umsichtig vorgehen.

I. Ausgangsfall

Eine Gemeinde in Niedersachsen stellt im Jahr 1998 die Anbaustraße A erstmalig bautechnisch fertig, überbaut dabei aber eine 3 qm große Fläche eines Grundstücks des Herrn E. Da der Erwerb des (gesamten) Straßenlandes nach ihrer wirksamen Erschließungsbeitragssatzung zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung gehört, Herr E sich aber hartnäckig weigert, die in Rede stehende Grundstücksfläche zu verkaufen, zieht die Gemeinde die Eigentümer der durch die Straße A erschlossenen Grundstücke einschließlich Herrn E im Jahr 2016 zu Vorausleistungen heran. Herr E erhebt noch im gleichen Jahr Anfechtungsklage gegen den an ihn gerichteten Vorausleistungsbescheid und verkauft während des Berufungsverfahrens im Jahr 2019 die kleine Grundstücksfläche an die Gemeinde. Zugleich macht er geltend, der Vorausleistungsbescheid sei als rechtswidrig aufzuheben und die von ihm erbrachte Vorausleistung sei an ihn zurückzuzahlen.

II. Gebot der zeitlichen Begrenzung einer Beitragserhebung

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.2013[1] verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich – zu denen u.a. Erschließungsbeiträge zählen – nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung eines Vorteils festgesetzt werden dürfen. Es ist danach Aufgabe des zuständigen Landesgesetzgebers, in Wahrnehmung seines weiten Gestaltungsspielraums einen Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit an einer Beitragserhebung und der Beitragspflichtigen an einer zeitlich nicht unbegrenzten Inanspruchnahme zu schaffen.[2] Verfassungsrechtlich geboten ist mithin „eine abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können“.[3] In Niedersachsen hat der Gesetzgeber diesem Gebot dadurch genügt, dass er im Gesetz vom 2.3.2017[4] in § 11 Abs. 3 Nr. 1 NKAG bestimmt hat, „die Festsetzung eines Beitrages“ sei außer in den Fällen des § 169 Abs. 1 Satz 1 AO, d.h. den Fällen, in denen die vierjährige Festsetzungsfrist abgelaufen ist, „auch dann nicht mehr zulässig, wenn das Entstehen der Vorteilslage mindestens 20 Jahre zurückliegt“. Diese Regelung wirft drei Fragen auf, nämlich ob sie – erstens – außer Beiträgen auch Vorausleistungen erfasst, wann – zweitens – eine Vorteilslage entsteht und welche Rechtsfolgen – drittens – der Fristablauf auslöst.

 

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Prof. Dr. Hans-Joachim Driehaus
Quelle:
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