RICHARD BOORBERG VERLAG

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24.12.2018

Das Vergaberecht – ein dynamisches Rechtsgebiet auf dem Vormarsch

  

ThomBal - stock.adobe.com

Nach dem Abschluss des Referendariats stellt sich für viele Absolventen die Frage, welche berufliche Richtung sie als Volljuristen einschlagen sollen. Allein die zahlreichen Fachanwaltschaften machen deutlich, wie vielfältig heutzutage die Spezialisierungen im anwaltlichen Beruf sein können. Dazu gehört auch das Vergaberecht, das in der juristischen Ausbildung noch ein Schattendasein darstellt, aber in der Praxis immer mehr an Bedeutung gewinnt.

In vergaberechtlichen Gerichtsentscheidungen liest man häufig, dass es sich bei dem Vergaberecht um eine „von Haus aus unübersichtliche und schwierige Rechtsmaterie“ handelt, die auch aufgrund der dynamischen Entwicklung „überdurchschnittliche Schwierigkeiten bei der anwaltlichen Tätigkeit“ mit sich bringt. Dies sollte für Berufseinsteiger aber nicht abschreckend wirken, sondern vielmehr dazu veranlassen, sich mit dem vergleichsweise jungen Rechtsgebiet näher auseinander zu setzen. Denn gerade in komplexen Themenfeldern bieten sich ideale Möglichkeiten zur Spezialisierung und Verschaffung nachhaltiger Marktvorteile. Hat man einmal die tragenden Grundsätze der Transparenz, des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung verinnerlicht, lassen sich auch komplexe Fragestellungen lösen.

Und davon gibt es viele: denn es geht im Vergaberecht regelmäßig nicht um den häufig zitierten „Bleistiftkauf“. Allein in Deutschland werden jährlich ca. 160.000 öffentliche Aufträge mit einem Gesamtvolumen von über 400 Mrd. € vergeben. Dies belegt eindrucksvoll die wirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Auftragswesens und damit auch den Bedarf an anwaltlicher Rechtsberatung.

Was ist Vergaberecht?

Das Vergaberecht hat sich zu einem eigenständigen Rechtsgebiet zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht entwickelt, das maßgeblich vom Europarecht durch die sog. Vergaberichtlinien geprägt ist. Kurz ausgedrückt, versteht man unter dem Vergaberecht die Gesamtheit der Normen, die der öffentlichen Hand eine bestimmte Vorgehensweise bei der Beschaffung von Gütern und Leistungen vorschreibt, die sie benötigt, um ihre Aufgaben erfüllen zu können (BVerfG, 13. 6. 2006 – 1 BVR 1160/03). Dabei ist die anwaltliche Beratung in vergaberechtlichen Mandaten in den seltensten Fällen allein auf das Vergaberecht beschränkt.

Die Entwicklung des Vergaberechts

Das geregelte Ausschreibungswesen hat in Deutschland eine lange Tradition. Die sog. Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/A) stammt z. B. aus dem Jahr 1926. Gleichwohl hatte das Vergaberecht in der anwaltlichen Beratungspraxis bis vor rund 20 Jahren keine hohe Relevanz, weil es keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Verstöße gegen die haushaltsrechtlichen Vergabevorschriften gab. Dies war unter anderem der EU-Kommission ein Dorn im Auge, die im Wege eines Vertragsverletzungsverfahrens auf die Umsetzung der EURichtlinien zum Vergaberecht pochte, um die Beschaffungsmärkte in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten für den grenzüberschreitenden Verkehr vollständig zu öffnen. (…)

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Autoren:
Professor Dr. Alexander Wichmann